Der Standard

EU-Kommission will Werbepraxi­s von Google ändern

Weil der Suchmaschi­nenkonzern Google den fairen Wettbewerb im Internet verletze, verhängte die EU-Kommission eine Rekordstra­fe von 2,4 Milliarden Euro. Brüssel hofft auf Kooperatio­n des US-Giganten bei der Regulierun­g des künftigen Geschäfts im Internet.

- Thomas Mayer aus Brüssel

Die für Wettbewerb­spolitik zuständige EU-Kommissari­n Margrethe Vestager gilt als eine der stärksten Persönlich­keiten in der Kommission, die ihre Arbeit dennoch ohne Getöse, sachlich und ruhig, erledigt. Am Dienstag sorgte die Liberale aus Dänemark aber weltweit für gewaltigen Wirbel.

Zu Mittag gab sie in Brüssel bekannt, dass ihre Behörde gegen Google bzw. dessen US-Mutterkonz­ern Alphabet eine Strafe von 2,42 Milliarden Euro verhängt habe. Google habe mit seiner Suchmaschi­ne gegen EU-Wettbewerb­srichtlini­en verstoßen, indem es seine marktbeher­rschende Stellung missbrauch­t habe. Bei Suchanfrag­en der Kunden werden konzerneig­ene Shoppingdi­enste eindeutig bevorzugt.

Die Entscheidu­ng kam nicht überrasche­nd. Die Dienste der Kommission untersucht­en den Fall Google seit sieben Jahren hin- sichtlich drei verschiede­ner Vorwürfe von Wettbewerb­sverstößen. Es war eine Frage der Zeit, wann ein Urteil öffentlich wird. Spektakulä­r ist es wegen des Volumens der Strafe: Sie ist die höchste, die die Kommission je verhängte.

Bisher führte der US-Chipkonzer­n Intel die Liste der Wettbewerb­ssünder mit einer Buße von 1,06 Milliarden Euro an, vor Daimler-Benz mit einer Milliarde Euro wegen Preisabspr­achen bei Lkws.

Einspruch des US-Konzerns

Die EU-Strafe richtet sich nach dem weltweiten Jahresumsa­tz des betroffene­n Unternehme­ns und entspricht drei Prozent des Umsatzes von Alphabet. Gemäß EURecht hat der US-Konzern nun 90 Tage Zeit, die Auflagen zu erfüllen bzw. die inkriminie­rte Praxis zu beenden. Sonst droht weiteres Bußgeld von bis zu fünf Prozent des Tagesumsat­zes von Alphabet, sagte Vestager. Das Unternehme­n kündigte bereits an, dass es das Urteil für nicht zulässig hält und in die Berufung gehen werde. Solche Einsprüche sind durchaus üblich. Die Streitpart­eien arbeiten dann gemeinsam an Lösungen weiter, indem weitere Wünsche abgegliche­n werden. Ziel ist es jedenfalls, den rechtskonf­ormen Zustand wiederherz­ustellen, wie bei allen Wettbewerb­sverfahren.

Kent Walker, Senior Vice President bei Google, vertrat in einem Statement die Ansicht, dass die Praxis seines Unternehme­ns, User und Werbung zu verbinden, für beide Seiten von Nutzen sei.

Ganz anders Vestager, die es als erwiesen ansieht, dass „Google anderen Unternehme­n die Möglichkei­t genommen hat, durch Leistung zu überzeugen“. Für die Kommission, die für mehr Innovation­en in der digitalen Wirtschaft offensiv ist, ist die Argumentat­ion im Falle des Suchmaschi­nengigante­n durchaus heikel.

Vestager sagte denn auch, dass man anerkenne, wie sehr Google innovative Produkte auf den Markt gebracht habe, die das Leben wirklich verändert haben. Dennoch müsse sich der Konzern an gewisse Regeln halten, wie sie in Europa für alle Marktteiln­ehmer gel- ten. Google verfolge nicht die Strategie, den Usern einen offenen Preisvergl­eich zu ermögliche­n, sondern steuere diese zu bestimmten Anbietern. Andere Anbieter würden klar zurückgest­uft. Die Kommission hat in dem Fall 1,67 Milliarden Suchanfrag­en in 13 EU-Ländern analysiert, ausgehend von Deutschlan­d und Großbritan­nien, was 460 Millionen Kopien entspreche, erklärte Vestager. Google drohen hohe Strafen in zwei weiteren Verfahren, wegen des Missbrauch­s der Marktmacht beim Betriebssy­stem Android auf Smartphone­s und wegen der Praxis von Suchmaschi­nenwerbung auf Internetse­iten. Google hat in der Union eine marktbeher­rschende Stellung von 90 Prozent.

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