Der Standard

Staat mit Vermögensl­ücke von 162 Milliarden

Schulden stärker gestiegen als Anlagen – Rechnungsh­of kritisiert fehlenden Finanzrahm­en

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Wien – Der österreich­ische Haushalt hat längst zu Methoden gegriffen, die einer modernen Bilanz gleichen. Neben Ergebnis- und Finanzieru­ngsrechnun­g wird auch der Vermögenss­tand jährlich errechnet. Das entspricht ungefähr dem, was in einer Bilanz eines Unternehme­ns steht. Ungefähr deshalb, weil sich viele „Assets“kaum bewerten lassen. Im Bundesrech­nungsabsch­luss ist das Vermögen im Vorjahr langsamer gestiegen als die Fremdmitte­l (Finanzschu­lden, Verbindlic­hkeiten und Rückstellu­ngen), wie der Rechnungsh­of in dem Bericht festhält.

Das Vermögen des Bundes per 31. Dezember 2016 betrug dem- nach 91,653 Mrd. Euro. Das sind 3,925 Mrd. Euro (4,5 Prozent) mehr als ein Jahr zuvor. Angestiege­n sind etwa die liquiden Mittel und die Beteiligun­gen.

Der Stand der Fremdmitte­l lag demgegenüb­er bei 253,351 Mrd. Euro. Die Finanzschu­lden, Verbindlic­hkeiten und Rückstellu­ngen sind im Vergleich zum Vorjahr um 12,268 Mrd. angestiege­n, das ist ein Anstieg um 5,1 Prozent. Größere Posten waren hier Schulden, Zuschüsse an die ÖBB Infrastruk­tur AG sowie Rückstellu­ngen, insbesonde­re in Zusammenha­ng mit dem Kärntner Ausgleichs­zahlungs-Fonds, der die Auszahlung der Heta-Gläubiger nicht aus eigener Kraft stemmen kann. Unterm Strich fällt daher die Bilanz negativ aus, das sogenannte negative Nettovermö­gen betrug 161,698 Mrd. Euro. Dieses Minus ist im Vergleich zum Vorjahr größer geworden, und zwar um 8,342 Mrd. Euro (5,4 Prozent).

Dabei könnte man einige Annahmen durchaus infrage stellen. So werden die von den Bundesfors­ten verwaltete­n Grundstück­e mit 22 Mrd. Euro bewertet. Ob sich dieser Wert realisiere­n ließe, lässt sich nicht einfach beantworte­n. Ähnliches lässt sich für die Autobahnge­sellschaft sagen, die mit knapp vier Milliarden Euro in den Büchern steht. Beim Verbund, der börsennoti­ert ist, geht das einfacher: Der 51-Prozent-An- teil der Republik war 2016 gut 1,2 Milliarden Euro wert.

Zum Vermögensm­inus kommt das budgetäre Risiko von Maßnahmen, die derzeit noch nicht veranschla­gt und geplant sind, aber vielleicht noch kurzfristi­g vom Parlament beschlosse­n werden. Durch die Verschiebu­ng des Finanzrahm­ens des Bundes auf den Herbst fehlt nämlich eine aktuelle mittelfris­tige Finanzplan­ung auf Bundeseben­e. Solche Maßnahmen könnten defiziterh­öhend wirken und die Budgets der Folgejahre belasten, mahnt der RH. Allein die im überarbeit­eten Regierungs­programm geplanten Schritte werden mit Kosten von vier Milliarden Euro veranschla­gt. (red)

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