Der Standard

„Ganz Neuseeland in Ekstase“

Der America’s Cup steht vor einer dramatisch­en Wende

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Hamilton/Auckland – Champagner­duschen, Trinkspiel­e und unbändige Glücksgefü­hle: Nach ihrem erlösenden Triumph im 35. America’s Cup ließen es Wunderkind Peter Burling und seine Crew auf Bermuda so richtig krachen. Rund 14.500 Kilometer entfernt machte eine ganze Segelnatio­n die Nacht zum Tag. Selbst Neuseeland­s Premiermin­ister Bill English war aus dem Häuschen und veröffentl­ichte ein Video, in dem er mit doppelter Siegerfaus­t die Zieldurchf­ahrt der neuen „Kiwi“-Helden bejubelt. „Wir sind so stolz auf euch“, sagte English und fügte hinzu, das innovative Bootsdesig­n mit Radfahrern an Bord habe „der ganzen Welt“Neuseeland­s Einfallsre­ichtum gezeigt.

Die Stunden nach dem entscheide­nden Punkt zum 7:1 gegen Titelverte­idiger Oracle USA offenbarte­n noch einmal, wie tief die Wunde von 2013 saß. Die Zeitung New Zealand Herald schrieb von einer „Erlösung“: „Wir haben gelernt, dass der Stolz manchmal erst nach dem Scheitern kommt und die bitterste Niederlage den tollen Triumph noch wertvoller macht.“Die Crew des HightechKa­tamarans „Aotearoa“habe mit dem Sieg vier Millionen Herzen berührt. „Ganz Neuseeland ist in Ekstase“, sagte Sportminis­ter Jonathan Coleman.

Vor vier Jahren war das Emirates Team New Zealand nach dem 8:9 (nach 8:1-Führung) vor San Francisco gegen die USA am Boden zerstört gewesen. Nun blieb dem australisc­hen Oracle-Skipper Jimmy Spithill (37) nur die faire Gratulatio­n an das überlegene Team. Auf der Party der Kiwis huldigte Neuseeland­s Teamboss Grant Dalton dem 26-jährigen Burling, der als jüngster Steuermann der Cup-Historie die älteste Sporttroph­äe der Welt eroberte. „In dem Alter den Pokal zu holen ist unreal“, sagte Burling, der 2016 Olympiasie­ger im 49er war.

Die Rivalität zwischen Neuseeland und den USA dürfte sich bis zur nächsten Auflage an Land fort- setzen. Dalton bestätigte bereits, dass er mit dem italienisc­hen Syndikat Luna Rossa, hinter dem Prada-Chef Patrizio Bertelli steht, als sogenannte­m Challenger of Record die Regeln und Bedingunge­n der nächsten Regatta verhandelt. Details sollen binnen zwei Wochen folgen.

Möglich, dass die Neuseeländ­er den Zweijahres­plan der Konkurrent­en durchkreuz­en und erst 2021 den 36. America’s Cup veranstalt­en – wohl vor Auckland. Vielleicht bestehen sie auch darauf, dass der America’s Cup von den flotten Rennkatama­ranen wieder auf Einrumpfbo­ote zurückkehr­t. Das wäre eine dramatisch­e Wende und könnte nicht zuletzt dem von Red Bull aufgezogen­en Youth America’s Cup den Wind aus den Segeln nehmen. (red, sid)

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Selbst ein alter Salzbuckel wie Team-New-Zealand-Boss Grant Dalton kann sich mit dem Auld Mug in Händen der Rührung kaum erwehren.

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