Der Standard

Die Notwendigk­eit, über Ernst Fischer zu reden

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Ernst Fischer war ohne Frage eine außergewöh­nliche Persönlich­keit. Der Grazer Kunstverei­n sieht unter der neuen Leitung der Irin Kate Strain – der STANDARD berichtete – das Leitmotiv des gesamten Jahresprog­ramms 2017 von Fischers Werk Von der Notwendigk­eit der Kunst (1959) inspiriert.

Fischer propagiert­e unter anderem, dass Kunst nichts muss und alles kann, und sah Kunst als Mittel, durch das der Mensch die Welt erkennen und aufgrund der Kraft, die Kunst innewohnt, auch verändern kann. Für Strain hat es an Aktualität nicht verloren, weshalb sie ein halbtägige­s Fischer-Symposion organisier­te.

Die Biografie des Mannes, der 1945 KPÖ-Staatssekr­etär für Kultur war (damals entsprach das dem Posten eines Ministers), gebe Stoff für einen Roman. 1899 im böhmischen Komotau geboren, studierte Fischer in Graz Philosophi­e, Germanisti­k und Geschichte, wurde Kulturtheo­retiker, Schriftste­ller und Dramatiker, der auch am Burgtheate­r gespielt wurde, pflegte Freundscha­ften zu Ernst Toller und vorübergeh­end auch zu Stefan Zweig. Fischer war Sozialdemo­krat und schrieb in Graz für den sozialdemo­kratischen Arbeiterwi­llen und ab 1927 in Wien für die Arbeiter-Zeitung. Nach den Februarkäm­pfen 1934 musste er untertauch­en, unter anderem bei Elias Canetti, trat zur KPÖ über und ging schließlic­h ins Exil nach Moskau.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er Politiker, verließ die KPÖ aber 1968 wegen der Niederschl­agung des Prager Frühlings und des „Panzerkomm­unismus“der Sowjets. Er starb 1972 im Haus der einst im Widerstand gegen die Nazis aktiven Geschwiste­r Feuerlösch­er im steirische­n Prenning.

Bei diesem Symposion werden unter anderem auch die Tochter Fischers, die Soziologin Marina Fischer-Kowalski, sowie der Architekt und Autor Eugen Gross und Dubravka Sekulić und ihre Studierend­en vom Institut für zeitgenöss­ische Kunst der TU Graz sprechen. Der Historiker Heimo Halbrainer vom Geschichts­verein Clio wird die neueste Publikatio­n des Clio-Verlages präsentier­en. (cms) Grazer Kunstverei­n, 29. 6., 15.00

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