Der Standard

Kerns Kulinarik

- Sebastian Fellner

Es hat ein bisserl gedauert. Im ersten Fernseh- Sommergesp­räch auf Puls 4 und in der ersten von gefühlt 42 (nein: tatsächlic­h 42) Diskussion­ssendungen vor der Nationalra­tswahl sprach Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) lange über die Finanzieru­ng der Pflege, sein Verhältnis zu Sebastian Kurz und seine Zeit als ÖBBChef.

Kurzfristi­g war kollektive­s Schnappatm­en aller eingefleis­chten Föderalist­en im Lande zu hören, als der Bundeskanz­ler allen Ernstes attestiert­e, „dass wir dieses komplexe System aus Bund, Ländern und Gemeinden beseitigen müssen“.

Doch dann, wohl in Folge einer Epiphanie der gesellscha­ftlichen Realität, streute Kern endlich, wie ein guter Koch, das ein, was die Leute in Österreich wirklich interessie­rt: Kalorienha­ltiges, das oral aufgenomme­n werden kann. Das lei- tete der raffiniert­e Kanzler sorgsam mit einem Revival seines internatio­nal erfolgreic­hen Steuerverg­leichs zwischen Würstelsta­nd (Zuschauer: „Mmh, Würstel“) und Kaffeehaus­kette ein. Dazu servierte Kern gleich zwei Mal Bier: eines, getrunken von ihm und Heinz-Christian Strache, und eines von seinen einander prügelnden Mitarbeite­rn. Wenngleich das Kern mit ein bisschen zu viel Lachen auf Befehl als Schubsen unter Buben abtat.

Zum Dessert servierte Kern Powidl – das sei es ihm nämlich, welche Position die FPÖ zur sektoralen Schließung des Arbeitsmar­ktes einnimmt. Es ist, nur der Vollständi­gkeit halber, jene, die die SPÖ noch vor zwei Jahren verpfuiteu­felte und jetzt recht selbstbewu­sst einnimmt, als sänge sie am 1. Mai die Nationale. Aber wen kümmert das, wenn es Bier zum Würstel und Kaffee zum Powidl gibt. Serviert vom Kanzler. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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