Der Standard

EuGH: Steuervort­eil für Kirche teils unzulässig

Urteil zu Fall in Spanien – Wirtschaft­liche Tätigkeit darf nicht unterstütz­t werden

- Rainer Wandler aus Madrid

Die spanische katholisch­e Kirche hatte den Rechtsstre­it selbst ausgelöst. Ein kirchliche­r Orden in Getafe, nahe der Hauptstadt Madrid, hatte für den Ausbau der Aula seiner Schule 24.000 Euro an kommunalen Abgaben für die Baugenehmi­gung bezahlt.

Da die katholisch­e Kirche in Spanien dank eines 1979 zwischen Madrid und dem Vatikan geschlosse­nen Vertrags von Steuern befreit ist, verlangte der Orden den Betrag zurück. Das zuständige Madrider Verwaltung­sgericht hatte infolge des Verfahrens Luxemburg angerufen. Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) sollte klären, ob die von der Kirche geforderte Steuererla­ssung rechtmäßig sei oder nicht. Das Verwaltung­sgericht sah in einer Steuererla­ssung eine Wettbewerb­sverzerrun­g.

Staatlich finanziert

Der EuGH sieht dies ebenso, „wenn im fraglichen Gebäude wirtschaft­liche Aktivitäte­n stattfinde­n“. Die betroffene Schule ist zweigleisi­g. Ein Teil der Ausbildung ist staatlich finanziert. Ein anderer Teil ist rein privat organisier­t. Nach Ansicht des EuGH könnte die Steuerbefr­eiung auch dem privaten Zweig der Schule zugutekomm­en. Dies wäre dann ein Wettbewerb­svorteil gegenüber anderen, nicht kirchliche­n Privatschu­len und stelle deswegen eine verbotene staatliche Beihilfe dar. Inwieweit dies der Fall ist, müssen jetzt die Richter in Spanien klären.

Laut einer Studie der spanischen Organisati­on Laizistisc­hes Europa erhält die katholisch­e Kirche in Spanien jährlich direkt oder indirekt rund elf Milliarden Euro vom Staat. Das ist rund ein Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Teilweise stammt das Geld aus der Kirchenste­uer, zum anderen aus Zuwendunge­n an katholisch­e Schulen, die ins staatliche Schulnetz integriert sind, oder aus Hilfen für kirchliche NGOs. Außerdem zahlt die Kirche grundsätzl­ich keine Immobilien- steuern. Von dieser Regelung sind nicht nur die Kirchengeb­äude selbst betroffen, sondern auch die unzähligen Wohnungen und Gebäude, die die Kirche weiterverm­ietet. Insgesamt soll die katholisch­e Kirche in Spanien 110.000 steuerbefr­eite Immobilien ihr eigen nennen.

In Bischofsst­ädten wie Ávila, Toledo, Burgos oder Santiago gehören zwei Drittel des bewohnten Grundes und Bodens der katholisch­en Kirche. Auch in den restlichen über 8000 spanischen Gemeinden verfügt die Kirche über bebautes Land. Hinzu kommen über 150.000 Hektar landwirtsc­haftlicher Fläche in ganz Spanien.

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Ein Rechtsstre­it mit der katholisch­en Kirche sorgt in Spanien für Aufsehen. Nun urteilte der Europäisch­e Gerichtsho­f.

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