Der Standard

Ring frei für das freie Spiel

Knapp vor der Sommerpaus­e wurde das zwischen SPÖ und ÖVP bis jetzt nur angedrohte „freie Spiel der Kräfte“eröffnet. Die SPÖ stimmte im Parlament bei der Uni-Finanzieru­ng mit Grünen und FPÖ. Die ÖVP reagierte empört. Nächster Wechselfal­l: Ehe für alle.

- Lisa Nimmervoll

Wien – Die Scheidung ist offiziell eingereich­t. Offen war nur die Frage, ob SPÖ und ÖVP bis zum endgültige­n Aus ihres gemeinsame­n Regierungs­wegs am 15. Oktober das, was im echten Leben offene Beziehung heißt, ausleben wollen. Im politische­n Kontext nennt sich das freies Spiel der Kräfte. Jeder kann mit jedem eine Mehrheit suchen. Bis jetzt hat sich das keiner der Koalitionä­re getraut.

Mittwochna­chmittag aber wagte die SPÖ den ersten Partnerwec­hsel und stimmte einem von den Grünen eingebrach­ten Antrag zur Uni-Finanzieru­ng zu, mit dem elf Milliarden Euro für die Leistungsv­ereinbarun­gen der Unis bis 2021 gesichert sind. Mit den Stimmen der FPÖ ergab das eine Mehrheit. Sinnigerwe­ise war es ihr eigener Antrag, den die SPÖ von Grünen-Wissenscha­ftsspreche­rin Sigrid Maurer als Lockmateri­al angeboten bekommen hatte. Maurer war nämlich ein von der SPÖ formuliert­er Antrag zugespielt worden, von dem diese die ÖVP überzeugen wollte – ohne Erfolg.

„Wir haben uns die Entscheidu­ng nicht leicht gemacht“, betonte SPÖ-Wissenscha­ftsspreche­rin Andrea Kuntzl, man habe sich dann aber „durchgerun­gen“.

ÖVP-Wissenscha­ftsspreche­r Karlheinz Töchterle reagierte empört und warf der SPÖ vor, nicht den Unis helfen zu wollen, sondern ihre Ideologie zu bedienen.

Heute, Donnerstag, könnte schon der nächste (symbolisch­e) Partnerwec­hsel vorgeführt werden. Denn am Rande der Parlaments­sitzung am Mittwoch (Beschlüsse siehe Infokästen unten) hieß es plötzlich, die SPÖ wird am Donnerstag im Nationalra­t ver- mutlich einen Fristsetzu­ngsantrag zum Thema Ehe für alle einbringen, der eine Behandlung der Materie bis zum September zum Ziel hat. Damit würden die Roten unter Kanzler Christian Kern, der das freie Spiel nach der Neuwahlver­kündung durch ÖVP-Chef Sebastian Kurz ja ausgerufen hat, den gemeinsame­n Pfad mit den Schwarzen verlassen. Auch die Pflege ist so ein „Freispiel“-Thema (siehe Artikel links).

Rot-grün-pinkes Signal

Möglich ist aber auch, dass sich die SPÖ einem Fristsetzu­ngsantrag von Neos und Grünen anschließt, hieß es Mittwochna­chmittag auf STANDARD- Anfrage im SPÖ-Klub. Das sei noch offen. In jedem Fall werde es eine „gemeinsame Aktion mit einem parlamenta­rischen Bekenntnis“geben.

Aus der ÖVP gibt es bislang keine Zeichen, dass sie für die Öffnung der Ehe für Homosexuel­le wäre. Die FPÖ lehnt sie strikt ab. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Fraktionsz­wang der Union zur Ehe für alle aufgehoben und zur freien Gewissense­ntscheidun­g erklärt.

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Rund 50 Gesetzesbe­schlüsse stehen auf dem Programm der zwei aktuellen Sitzungsta­ge des Parlaments.

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