Was eine Liste Pilz für die Grünen bedeuten würde
Sollte Peter Pilz mit einer eigenen Liste bei der Wahl antreten, wäre das ein schwerer Schlag für die Partei
Wien – Der Langzeit-Grüne und Nationalratsabgeordnete Peter Pilz hat am Mittwoch erneut bestätigt, dass er mit einer eigenen Wahlliste liebäugle. Ob es dazu kommt, wie sich die Liste inhaltlich aufstellen könnte, wer ihr angehören und sie finanzieren würde, ist aber völlig ungewiss. Der grüne Nochparlamentarier Karl Öllinger sagte am Mittwoch jedenfalls, er „begrüße“eine Initiative Pilz’. Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, diese durch eine Kandidatur oder eine Unterschrift zu unterstützen, sagte Öllinger: „Theoretisch könnte ich mir viel vorstellen.“
Wie groß der Schaden sein wird, den eine Liste Pilz den Grünen unter Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek zufügen könnte, hängt von mehreren Faktoren ab. Ausschlaggebend sei, „ob sich Lunacek und Pilz gravierend voneinander unterscheiden“, sagt Politikwissenschafter Laurenz Ennser-Jedenastik zum STANDARD. Sollten sich die beiden Listen nur in Nuancen voneinander abhe- ben, würden sie sich kannibalisieren. Aus Sicht der Wähler müsse Pilz sich entweder inhaltlich oder durch seinen Stil abheben – etwa durch ein aggressiveres Auftreten. Würde er etwa auf die Botschaft „Wir sagen es den Mächtigen rein, während die Grünen schon weichgewaschen sind“setzen, könnte er damit auch Wähler ansprechen, die sonst gar nicht wählen gegangen wären – und damit würde sich das links-grüne Potenzial insgesamt erhöhen.
Medienprofi Pilz
Pilz verfüge jedenfalls über Eigenschaften, die ihm gute Startchancen verleihen: Er sei medial gut vernetzt, habe eine hohe Bekanntheit und sei versiert im öffentlichen Auftritt. Damit unterscheide er sich von anderen neu gegründeten Listen. „Routine im Umgang mit Medien ist eine Kompetenz, die man nicht unterschätzen kann“, sagt der Politologe.
Dass Pilz im Fall eines Antretens erst relativ spät in den Ring steigt, dass er keine breite Parteistruktur im Rücken hat und wohl mit einem vergleichsweise klei- nen Budget auskommen muss, sei vielleicht weniger nachteilig, als man annehmen möchte, meint hingegen Politikwissenschafter Fritz Plasser: Bis zu vierzig Prozent der Wähler würden sich in der letzten Sekunde entscheiden. Da sei Pilz noch früh genug dran.
Außerdem sei der Grünen-Veteran „durchaus internetaffin“und in sozialen Medien „viel beachtet“, wodurch er das Fehlen einer breiten Basis zumindest teilweise wettmachen könnte. Die Wahlauseinandersetzung werde nämlich „der ultimative Medienwahlkampf“sein, ist Plasser überzeugt: War es vor dreißig Jahren noch die Mobilisierung vor Ort, die eine Wahl entschied, habe das Laufen und Zettelverteilen an Bedeutung verloren – zugunsten von TV-Duellen, sozialen Medien und Interviews. Pilz profitiere dabei von seinem klaren Profil: „Jeder kann aus dem Stand sagen, was ihn bewegt, wofür er steht.“
Pilz könnte zudem „zwei Themen in den Mittelpunkt stellen, die der grünen Parteispitze unangenehm sein müssen“, meint Politologe Manès Weisskircher vom European University Institute in Florenz – und zwar das Missmanagement innerparteilicher Konflikte und die mangelnde Durchsetzung linker Positionen in grün regierten Bundesländern.
Ob Pilz den Einzug in den Nationalrat schaffen würde, kann derzeit niemand abschätzen. Einig sind sich die Politologen nur, dass sein Antreten ein schwerer Schlag für die Grünen wäre. Es würde nicht nur zu Mandatsverlusten und innerparteilichen Turbulenzen führen, sondern könnte sich auch auf künftige Regierungsbildungen auswirken, meint Plasser: Sollte die nächste Regierung vorzeitig Neuwahlen ausrufen, könnte eine Schwächung der Grünen eine rot-grün-pinke Koalition noch unwahrscheinlicher machen als jetzt.
Die grüne Bundessprecherin Ingrid Felipe zeigte sich indes auf Facebook genervt über die Debatte. „Mir geht das ganz schön auf den Zeiger, wie jetzt auf den Grünen als ganze herumgehackt wird“, schreibt Felipe.