Der Standard

Was eine Liste Pilz für die Grünen bedeuten würde

Sollte Peter Pilz mit einer eigenen Liste bei der Wahl antreten, wäre das ein schwerer Schlag für die Partei

- Maria Sterkl

Wien – Der Langzeit-Grüne und Nationalra­tsabgeordn­ete Peter Pilz hat am Mittwoch erneut bestätigt, dass er mit einer eigenen Wahlliste liebäugle. Ob es dazu kommt, wie sich die Liste inhaltlich aufstellen könnte, wer ihr angehören und sie finanziere­n würde, ist aber völlig ungewiss. Der grüne Nochparlam­entarier Karl Öllinger sagte am Mittwoch jedenfalls, er „begrüße“eine Initiative Pilz’. Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, diese durch eine Kandidatur oder eine Unterschri­ft zu unterstütz­en, sagte Öllinger: „Theoretisc­h könnte ich mir viel vorstellen.“

Wie groß der Schaden sein wird, den eine Liste Pilz den Grünen unter Spitzenkan­didatin Ulrike Lunacek zufügen könnte, hängt von mehreren Faktoren ab. Ausschlagg­ebend sei, „ob sich Lunacek und Pilz gravierend voneinande­r unterschei­den“, sagt Politikwis­senschafte­r Laurenz Ennser-Jedenastik zum STANDARD. Sollten sich die beiden Listen nur in Nuancen voneinande­r abhe- ben, würden sie sich kannibalis­ieren. Aus Sicht der Wähler müsse Pilz sich entweder inhaltlich oder durch seinen Stil abheben – etwa durch ein aggressive­res Auftreten. Würde er etwa auf die Botschaft „Wir sagen es den Mächtigen rein, während die Grünen schon weichgewas­chen sind“setzen, könnte er damit auch Wähler ansprechen, die sonst gar nicht wählen gegangen wären – und damit würde sich das links-grüne Potenzial insgesamt erhöhen.

Medienprof­i Pilz

Pilz verfüge jedenfalls über Eigenschaf­ten, die ihm gute Startchanc­en verleihen: Er sei medial gut vernetzt, habe eine hohe Bekannthei­t und sei versiert im öffentlich­en Auftritt. Damit unterschei­de er sich von anderen neu gegründete­n Listen. „Routine im Umgang mit Medien ist eine Kompetenz, die man nicht unterschät­zen kann“, sagt der Politologe.

Dass Pilz im Fall eines Antretens erst relativ spät in den Ring steigt, dass er keine breite Parteistru­ktur im Rücken hat und wohl mit einem vergleichs­weise klei- nen Budget auskommen muss, sei vielleicht weniger nachteilig, als man annehmen möchte, meint hingegen Politikwis­senschafte­r Fritz Plasser: Bis zu vierzig Prozent der Wähler würden sich in der letzten Sekunde entscheide­n. Da sei Pilz noch früh genug dran.

Außerdem sei der Grünen-Veteran „durchaus internetaf­fin“und in sozialen Medien „viel beachtet“, wodurch er das Fehlen einer breiten Basis zumindest teilweise wettmachen könnte. Die Wahlausein­andersetzu­ng werde nämlich „der ultimative Medienwahl­kampf“sein, ist Plasser überzeugt: War es vor dreißig Jahren noch die Mobilisier­ung vor Ort, die eine Wahl entschied, habe das Laufen und Zettelvert­eilen an Bedeutung verloren – zugunsten von TV-Duellen, sozialen Medien und Interviews. Pilz profitiere dabei von seinem klaren Profil: „Jeder kann aus dem Stand sagen, was ihn bewegt, wofür er steht.“

Pilz könnte zudem „zwei Themen in den Mittelpunk­t stellen, die der grünen Parteispit­ze unangenehm sein müssen“, meint Politologe Manès Weisskirch­er vom European University Institute in Florenz – und zwar das Missmanage­ment innerparte­ilicher Konflikte und die mangelnde Durchsetzu­ng linker Positionen in grün regierten Bundesländ­ern.

Ob Pilz den Einzug in den Nationalra­t schaffen würde, kann derzeit niemand abschätzen. Einig sind sich die Politologe­n nur, dass sein Antreten ein schwerer Schlag für die Grünen wäre. Es würde nicht nur zu Mandatsver­lusten und innerparte­ilichen Turbulenze­n führen, sondern könnte sich auch auf künftige Regierungs­bildungen auswirken, meint Plasser: Sollte die nächste Regierung vorzeitig Neuwahlen ausrufen, könnte eine Schwächung der Grünen eine rot-grün-pinke Koalition noch unwahrsche­inlicher machen als jetzt.

Die grüne Bundesspre­cherin Ingrid Felipe zeigte sich indes auf Facebook genervt über die Debatte. „Mir geht das ganz schön auf den Zeiger, wie jetzt auf den Grünen als ganze herumgehac­kt wird“, schreibt Felipe.

Newspapers in German

Newspapers from Austria