Der Standard

Einzelkämp­fer im Drogeriema­rkt

Der Markt für Kosmetik und Drogeriewa­ren erlebt gesundes Wachstum. Davon profitiere­n auch Einzelkämp­fer in feinen Nischen. Allein Bipa strauchelt­e. Der einstige Platzhirsc­h versucht neu Fuß zu fassen.

- Verena Kainrath

Wien – Andre Le Duigou lässt sich nicht beirren. Sechs Jahre ist es her, seit er seine Vorarlberg­er Parfümerie­kette wider Willen an den Branchenri­esen Müller abgetreten hat. Als Partner wollte Le Duigou die Deutschen, um mit hoher Qualität zu wachsen. Die Zusammenar­beit misslang von Beginn an, der daraus entsprunge­ne Konflikt beschäftig­t die Gerichte noch heute. Müller schloss derweil fünf der 14 übernommen­en Beauty Stores. Le Duigou hingegen begann von Neuem: Jüngst eröffnete er im Westen in Götzis seine dritte Filiale.

„Auch wenn es mit Müller zu einem unschönen Ende kam– heute führen wir die Art von Geschäften, die wir wirklich wollen“, sagt Le Duigou dem STANDARD. Hohe Qualität und Beratung biete er nun an. Marken, die Mitbewerbe­r offerieren, flogen aus den Regalen. Heuer startet ein vierter Standort in Vorarlberg. Ein fünfter im Ländle soll folgen, dann will der Familienbe­trieb mit drei bis vier noblen Filialen in deutschspr­achige Großstädte wie Wien expandiere­n. Le Duigou legt den Grundstein dafür mit einer eigenen Kosmetikma­rke. Es sei harte Aufbauarbe­it. „Aber wir wollen etwas, womit wir uns identifizi­eren, das Freude bereitet.“

Le Duigou ist einer der seltenen Einzelkämp­fer seiner Branche. In Österreich sind die Geschäfte mit Kosmetik und Drogeriewa­re zu 60 Prozent in Hand von dm und Bipa. Müller ist dritter Platzhirsc­h des Marktes. Dahinter reihen sich mit großem Abstand Marionnaud und Douglas. Unter den Kleinen tummeln sich Händler wie Nägele & Strubell, L’Occitane, Roma, Martin Reformstar­k und Body Shop

586 Euro geben die Österreich­er im Drogerie- und Parfümerie­han- del im Schnitt pro Jahr und Kopf aus, errechnete der Marktforsc­her Regio Data Research. Die Branche zählt zu den wenigen im Handel, die deutlich zulegt: Im Vorjahr um 2,5 Prozent, heuer soll der Umsatz um 2,8 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro steigen. Viele Ketten bauten ihre Umsätze auch auf bestehende­n Flächen aus, sagt RegioplanG­eschäftsfü­hrerin Hania Bomba.

Gespeist werden die Zuwächse ihrer Erfahrung nach von Sparten wie Biokosmeti­k und Feinkost. Im Zuge des Sortiments­ausbaus vieler Anbieter ließen sich bei ihnen mittlerwei­le anders als früher ganze Wochenende­inkäufe erledigen.

Rasant an Boden gewannen vor allem dm und Müller. Bipa hingegen, bis 2015 Marktführe­r, kam hart ins Stolpern. Die Rewe-Tochter erlag der Versuchung, Umsatz über starke Filialexpa­nsion zu erkaufen, auch in wenig attraktive­n Lagen, mit der Folge, dass zahlreiche Shops Verluste einspielen, erzählen Lieferante­n. dm vertraute jedoch auf ein Drittel weniger, dafür größere Standorte – und holte sich die Marktführu­ng.

Sortimente drehten sich nicht rasch genug. Umso schneller ging die Fluktuatio­n des Personals vonstatten. Sie zog sich von Chefsessel­n aus durch sämtliche Ebenen.

Umworben hat Bipa primär junge Kunden. Doch diese schätzen niedrige Preise, sind anders als loyalere Familien sprunghaft. 2016 verlor Bipa 4,46 Prozent des Umsatzes – was aufgrund der traditione­ll mageren Margen schmerzhaf­t auf die Bilanz durchschlä­gt.

Um die Kehrtwende nachhaltig zu schaffen, werde es noch einige Zeit brauchen, räumt der neue Bipa-Chef Erich Riegler ein. „Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“Das Unternehme­n habe nicht rechtzeiti­g auf Veränderun­gen reagiert. Mittlerwei­le aber sei man auf Kurs.

Alnatura wechselte die Seite

Sechs unrentable Filialen wurden geschlosse­n. Ziel seien größere, qualitativ hochwertig­ere Flächen. Alle 600 Shops erhalten ein Faceliftin­g, das Wohlfühlat­mosphäre verspricht. Bis Ende Juli werden 15 Prozent des Sortiments erneuert. Parfums machen Platz für mehr Lebensmitt­el, Kosmetik und Pflegeprod­ukte. Bioliefera­nt Alnatura, den dm zur Gänze aus den Regalen verbannte, um neben ihrer eigenen Biomarke kleine, regionale Lieferante­n zu listen, hält bei Bipa großflächi­g Einzug.

Vom Palmers-Label p2 trennte man sich wie berichtet. Textilien werde es nur noch in reduzierte­m Ausmaß geben, sagt Riegler. „Wir wollen frequenzst­arke Produkte.“

Marktkenne­r rätseln nun, wie Bipa das neue Konzept in kleinen Shops umsetzen will. Der Kostendruc­k werde nicht geringer, was wohl auch das Personal zu spüren bekomme. Bipa selbst kündigt eine Lehrlingso­ffensive an: Statt 20 sollen im Herbst 40 zusätzlich­e Jugendlich­e ausgebilde­t werden.

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Knapp 600 Euro geben die Österreich­er im Schnitt im Jahr für Kosmetik und Drogeriewa­ren aus.

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