Der Standard

Berlin lehnt Auftritt Erdogans am Rande des G20- Gipfels ab

Kurz vor dem G20-Gipfel in Hamburg teilt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel kräftig aus: Sie verbietet dem türkischen Präsidente­n Erdogan den Auftritt in Deutschlan­d und greift US-Präsident Donald Trump scharf an.

- Birgit Baumann aus Berlin

Berlin – Die deutsche Regierung will eine Rede des türkischen Präsidente­n Tayyip Erdogan am Rande des G20-Gipfels vor Anhängern in Hamburg untersagen. Man sei „der Überzeugun­g, dass ein solcher Auftritt in Deutschlan­d nicht möglich ist“, sagte Außenminis­ter Sigmar Gabriel am Donnerstag. Erdogan hatte den Auftritt am Vortag offiziell beantragt.

Ankara bezeichnet­e den Schritt in einer ersten Reaktion als „inakzeptab­el“. Die Initiative zur Absage kam laut deutschen Medien von SPD-Chef und -Kanzlerkan­didat Martin Schulz. Gabriel hatte zuvor ein generelles Verbot von Wahlkampfa­uftritten ausländisc­her Politiker in Deutschlan­d gefordert, das drei Monate vor jeder Wahl gelten soll. (red)

Es wäre eine gute Gelegenhei­t gewesen. Nächste Woche, am 7. und am 8. Juli, kommt der türkische Präsident Tayyip Erdogan ohnehin nach Hamburg zum G20-Gipfel. Die Reise könnte man doch gleich für einen Auftritt vor Landsleute­n nutzen, dachte sich Erdogan und beantragte bei der deutschen Bundesregi­erung die Genehmigun­g für einen solchen.

Doch die Regierung stellte sich quer. Den Korb übergab der deutsche Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) bei einer Reise in Moskau. „Wir teilen der Türkei mit, dass wir der Überzeugun­g sind, dass ein solcher Auftritt in Deutschlan­d nicht möglich ist“, sagte er und erklärte auch, dass diese Entscheidu­ng in enger Absprache mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel gefallen sei.

Gabriel ließ auch keinen Zweifel daran, warum man Erdogan keine Auftrittse­rlaubnis erteilt: „Es ist eine Abwägung der außenpolit­ischen Interessen der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Und die sind hier sehr eindeutig.“Vor allem SPD-Politiker hatten ein Verbot gefordert. „Ich will nicht, dass Herr Erdogan, der in der Türkei Opposition­elle und Journalist­en ins Gefängnis steckt, in Deutschlan­d Großverans­taltungen abhält“, so SPD-Chef Martin Schulz.

Die Regierung sieht auch keine rechtliche­n Bedenken für ein Verbot. Denn im Frühjahr hatte das Bundesverf­assungsger­icht klargestel­lt, dass eine Erlaubnis für einen Auftritt in Deutschlan­d der Bundesregi­erung obliege. Nach dem Völkerrech­t oder dem Grundgeset­z gebe es keinen Anspruch.

Allerdings ist in Berlin auch klar: Wenn Erdogan zum G20-Gipfel kommt, wird er ganz normal empfangen. Die Stimmung könnte allerdings frostig sein, Ankara hat die Haltung Berlins bereits als inakzeptab­el bezeichnet.

Merkel knöpfte sich am Donnerstag bei ihrer Regierungs- erklärung zum G20-Gipfel noch einen weiteren Gast verbal vor: US-Präsident Donald Trump. Ohne ihn beim Namen zu nennen, aber so, dass jeder wusste, wer gemeint ist, erklärte sie: „Wer glaubt, die Probleme dieser Welt mit Isolationi­smus und Protektion­ismus lösen zu können, der unterliegt einem gewaltigen Irrtum.“

„Der Dissens ist offenkundi­g“

Merkel erhofft sich zwar vom Gipfel ein klares Signal für Freihandel und Klimaschut­z. Aber sie rechnet auch mit Konflikten. „Der Dissens ist offenkundi­g“, sagte sie bezüglich des angekündig­ten Austritts der USA aus dem Pariser Klimaschut­zabkommen. Trumps Forderung nach einer Neuver- handlung wies sie zurück: „Das Abkommen ist unumkehrba­r, und es ist nicht verhandelb­ar.“Allerdings will sie Trump auch nicht völlig isolieren, denn es gebe etwa beim Kampf gegen Terrorismu­s „auch Gemeinsamk­eiten“.

So sieht es auch der französisc­he Präsident Emmanuel Macron, der am Donnerstag mit der britischen Premiermin­isterin Theresa May und EU-Kommission­schef Jean-Claude Junker zur Gipfelvorb­ereitung in Berlin war: „Es führt zu nichts, wenn wir einen Staat isolieren.“Zum Gipfel wird ein Gast weniger als geplant kommen. Angesichts der schweren Korruption­svorwürfe gegen ihn bleibt Brasiliens Staatschef Michael Temer zu Hause.

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Mensch, wach auf! Darum ersucht Getränkehe­rsteller Fritz-Kola Erdogan, Trump und Putin.

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