Nemzow: Schuldsprüche
Suche nach Hintermännern des Mordes geht weiter
Im dritten Anlauf wurden alle fünf Angeklagten im Prozess um den Mord am russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow 2015 schuldiggesprochen.
Im dritten Anlauf haben die Geschworenen ihr Urteil im Prozess gegen die Mörder des russischen Oppositionspolitikers Boris Nemzow gefällt: Alle fünf Angeklagten wurden schuldiggesprochen, mildernde Umstände billigte ihnen das Kollegium in einer Mehrheitsentscheidung ebenfalls nicht zu.
Als unmittelbarer Todesschütze gilt Saur Dadajew, ein ehemaliger Angehöriger des tschetschenischen Sonderbataillons „Nord“. Zehn der zwölf Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass eben Dadajew in der Nacht auf den 28. Februar 2015 in Kreml-Sichtweite die tödlichen Schüsse auf Nemzow abgegeben hatte. Die vier Mitangeklagten sollen an der Organisation des Verbrechens beteiligt gewesen sein, hatten Informatio- nen über Nemzow beschafft, ihn beschattet und die Flucht des Killers ermöglicht, heißt es.
Alle Angeklagten haben bis zuletzt ihre Schuld bestritten. Nach dem Schuldspruch muss der Richter noch das Strafmaß festlegen. Auftragsmord wird in Russland mit bis zu lebenslanger Haft bestraft.
Streit um Hintermänner
Der Oppositionelle Ilja Jaschin nannte das Geschworenenurteil „gerecht“, der Fall sei damit aber noch lange nicht aufgeklärt, solange Organisatoren und Auftraggeber frei herumliefen, betonte der langjährige Vertraute Nemzows. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat bereits versprochen, die Suche nach den Auftraggebern fortzusetzen, auch wenn „solche Fälle zu den schwersten zählen“und ihre Aufklärung Jahre beanspruchten.
Allerdings sind sich Staatsanwaltschaft und Nebenklage, die die Interessen der Nemzow-Familie vertritt, nicht einig, wen sie denn als potenziellen Hintermann weiter verfolgen. Die staatlichen Anklagevertreter sehen als Lenker der Tat Ruslan Muchutdinow, einen weiteren Offizier des Bataillons „Nord“, der sich in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt haben soll.
Nemzows Angehörige hingegen vermuten, dass die Spuren bis „zu den höchsten Amtsträgern in Tschetschenien und Russland“führen. Sie fordern die Befragung des Vizebataillonskommandeurs Ruslan Geremejew, der ein entfernter Verwandter von Tschetscheniens Oberhaupt Ramsan Kadyrow ist.