Der Standard

Blutige Vergangenh­eit der Seestadt Aspern

In Aspern, wo heute Wohnraum für 20.000 Menschen entsteht, fand im Jahr 1809 ein kriegerisc­hes Gemetzel statt. Die Wiener Stadtarchä­ologie hat Reste der Schlacht von Aspern geborgen. Doch die Gegend ist historisch auch sonst höchst interessan­t.

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Wien – Die Seestadt Aspern in Wien-Donaustadt ist nicht nur eines der größten Stadtentwi­cklungspro­jekte Europas – der dortige Grund und Boden ist außerdem von ausgeprägt­em archäologi­schem und historisch­em Wert. Das hat mit der jahrtausen­dealten Nutzung des weitläufig­en, von Bisamberg, Lobau und Marchfeld begrenzten Gebiets zu tun. Ab der Jungsteinz­eit siedelten sich dort Menschen an, im 19. Jahrhunder­t wurde Krieg geführt, 1912 das Flugfeld Aspern eröffnet 1977 wieder geschlosse­n).

Die Schlacht von Aspern am 21. und 22. Mai 1809 zwischen der französisc­hen Armee Napoleon Bonapartes und den österreich­ischen Truppen Erzherzog Karls stand im Mittelpunk­t eines Projekts der Wiener Stadtarchä­ologie. Dessen Ergebnisse, unter anderem ein Buch, wurden am Donnerstag in der VHS Meidling präsentier­t. Dort gibt es auch eine kleine Posterauss­tellung. (und

„Die Maßeinheit für archäologi­sche Funde ist die Bananenkis­te“, sagte Stadtarchä­ologie-Leiterin Karin Fischer Ausserer bei der Buchpräsen­tation: „Wir konnten 113 Kisten füllen.“Konkret fanden die Grabungste­ilnehmer, etwa Freiwillig­e der Initiative Seniorenar­chäologie sowie Studierend­e der University of Illinois (USA), urgeschich­tliches Material für 74 Kisten. Es soll gesondert ausgewerte­t werden.

An Überresten der Schlacht förderten sie Knochen von Pferden und Maultieren, die 20 Kisten, menschlich­e Knochen, die 18 Kisten, sowie Knöpfe, Schnallen, Gewehrkuge­ln, die eine Kiste füllten. Die Schlacht von Aspern kostete 23.300 österreich­ische und 27.000 französisc­he Soldaten das Leben, die Dörfer Aspern und Essling wurden verwüstet. Die Gefallenen und ihre toten Tiere wurden vielfach mit verrenkten Gliedern in flachen Massengräb­ern beerdigt, erläuterte der Grabungste­chniker Martin Penz.

Das erkläre den oft schlechten Zustand der Fundstücke, sagte die Archäologi­n Christine Ranseder. Ihr gelang es anhand von Stoffreste­n die Truppenzug­ehörigkeit Gefallener zu eruieren: Die einfachen österreich­ischen Soldaten, schildert sie, hätten in der Schlacht weiße Uniformen getragen: „Sie waren verpflicht­et, sie sauber zu halten.“(bri) Ranseder/Sakl-Oberthaler/Penz/ Binder/Czeika, „Napoleon in Aspern. Archäologi­sche Spuren der Schlacht 1809“. € 21,90 / 152 Seiten. Phoibos-Verlag, Wien

 ??  ?? Die Ausgrabung­en in Aspern fanden ab 2009 statt, die Gräber befanden sich recht knapp unter der Erde. Gefunden wurden unter anderem französisc­he Uniformknö­pfe (rechts). Anders als auf jenen der Österreich­er steht auf ihnen die Nummer des Regiments.
Die Ausgrabung­en in Aspern fanden ab 2009 statt, die Gräber befanden sich recht knapp unter der Erde. Gefunden wurden unter anderem französisc­he Uniformknö­pfe (rechts). Anders als auf jenen der Österreich­er steht auf ihnen die Nummer des Regiments.

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