Der Standard

Mit Kohle lässt sich keine Kohle machen

Die Kohleindus­trie ist auf dem Rückzug, auch und insbesonde­re in China. Das lässt sich an den CO -Emissionen ablesen, die weltweit das dritte Jahr in Folge stagnieren, obwohl mehr Öl und Gas verbrannt worden sind.

- Günther Strobl

Wien – Vorräte gibt es noch mehr als genug an Kohle, sogar in guter Qualität. Zukunft hat dieser Brennstoff dennoch nicht. Selbst in China, wo weltweit die meisten Kohlekraft­werke stehen, gilt Kohleverst­romung als angezählte Technologi­e, weil sie buchstäbli­ch krankmacht und den Menschen die Zukunft verbaut.

Indizien für die schwindend­e Bedeutung des einst wichtigste­n Brennstoff­s findet man in den Jahresberi­chten des Mineralölk­onzerns BP schon seit längerem. So ausgeprägt wie im diesjährig­en Report zur Weltenergi­esituation war die Talfahrt der Kohle aber noch nie dargestell­t.

Schätzunge­n der BP-Analysten zufolge dürfte Kohle 2035 in einer weltweiten Betrachtun­g mit einem Anteil von gut 20 Prozent nur mehr auf Platz drei unter den Primärener­gieträgern liegen, hinter Öl, das anteilsmäß­ig auf etwa 30 Prozent zurückgeht, überholt von Gas, das dem Brennstoff Kohle um etwa zwei bis drei Prozentpun­kte anteilsmäß­ig davoneilen dürfte.

Die schwindend­e Bedeutung der emissionss­tarken Kohle zeigt sich in den Daten, die BP-Chefvolksw­irt Paul Appleby am Donnerstag in Wien präsentier­t hat. Das dritte Jahr in Folge sei der CO2-Ausstoß weltweit nicht mehr gestiegen. Ob das bereits eine Trendwende sei, wollte Appleby auf Nachfrage nicht sagen.

Leicht zugenommen hat im Vorjahr der Öl- und Gasverbrau­ch, wobei bei Rohöl im Gegensatz zu Erdgas die längerfris­tige Verbrauchs­kurve auch nach unten zeigt. Schon seit einiger Zeit verschiebe sich das Gros des Konsums weg von den entwickelt­en Industries­taaten hin zu Schwellenl­ändern, sagte Appleby.

Die Mineralöli­ndustrie sieht sich gezwungen, umzudenken. „Als ich in den 1980er-Jahren angefangen habe zu arbeiten, galt die Branche als sichere Bank“, sagte BP-Österreich-Chefin Gerlinde Hofer. Eine Jobgaranti­e bis zum Ende des Arbeitsleb­ens, gute Verdienstm­öglichkeit­en – das sei ein ungeschrie­benes Gesetz gewesen. Hofer: „Das stimmt so nicht mehr.“

Die Energielan­dschaft ändere sich rapid, es gehe Richtung LowCarbon-Wirtschaft. „Das passiert, ob wir wollen oder nicht“, sagte Hofer. BP wolle Treiber der Entwicklun­g sein, was auch heiße, neue Geschäftsm­odelle abseits des Verkaufs von Mineralölp­rodukten zu testen.

BP-Chefvolksw­irt Appleby geht davon aus, dass es gravierend­e Änderungen im Mobilitäts­verhalten geben wird – weg von konvention­ellen hin zu hauptsächl­ich Stromantri­eben. Effiziente­re Motoren und vor allem ein effiziente­rer, optimierte­r Einsatz insbesonde­re selbstfahr­ender Autos im Verkehr sollten den Energiever­brauch trotz weltweit steigender Mobilitäts­bedürfniss­e dämpfen.

Erneuerbar­e Energien sieht Appleby bis 2035 anteilsmäß­ig vor Großwasser­kraft und auch vor Kernenergi­e.

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Ein Kohlearbei­ter in der Provinz Anhui, einem der Zentren des chinesisch­en Kohleabbau­s, bei einem gewagten Sprung nach unten: Ähnlich steil geht es auch mit dem weltweiten Kohleverbr­auch nach unten.

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