Das Öko-Füllhorn wird noch einmal ausgeschüttet
Ein letztes Mal fördert der Gesetzgeber erneuerbare Energien mit herkömmlichen Beihilfen. Die anstehende große Ökostromnovelle wird mehr Marktnähe aufweisen müssen, um von Brüssel akzeptiert zu werden.
Wien – Der Kehraus im Nationalrat letzte Woche hat die Regierungsparteien und die Grünen doch noch zusammengebracht: Die kleine Ökostromnovelle konnte in letzter Minute, dafür sogar einstimmig, beschlossen werden. Nach dem zu erwartenden Sanktus des Bundesrates Mitte Juli wird damit ein doch beachtliches Förderprogramm für erneuerbare Energien aufgelegt: Allein für die Windkraft bedeutet dies nach Schätzung der IG Windkraft, dass ca. 120 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von ca. 350 MW schneller bzw. überhaupt umgesetzt werden können.
Warum hat die Novelle so lange auf sich warten lassen? Der aufkommende Wahlkampf für die Nationalratswahl war jedenfalls nicht ausschlaggebend, waren sich die politischen Parteien doch schon von Anbeginn an uneins, ob und gegebenenfalls welche Energieträger in welcher Höhe und unter welchen Bedingungen zusatzgefördert werden sollten. Die Differenzen waren – neben üblicher Klientelpolitik – auch grundsätzlicher Art: Sie betrafen die Frage, wie der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen orchestriert werden soll – durch möglichst geringe Eingriffe in den Markt oder durch mächtige staatliche Förderregime.
Verweis auf EU-Vorgaben
Die unterschiedlichen Positionen wurden auch mit unionsrechtlichen Vorgaben untermauert. Die Bundesregierung samt zuständigem Bundesministerium stand auf der Bremse und verwies dabei auf das Risiko eines Verfahrens wegen Verstößen gegen das EU-Beihilfenrecht. Die Grünen und Branchenvertreter drängten mit Hinweis auf Klimaschutzziele auf höhere Förderungen. Letztlich einigte man sich auf ein beträchtliches Zusatzfördervolumen, das aber ohne Notifikation nach Brüssel – Stichwort EU-Beihilfenkontrolle – umgesetzt werden kann.
Windkraft Der starke Verfall des Strompreises in den letzten Jahren führte dazu, dass viele zur Förderung eingereichte Windenergieanlagen bis dato nicht in das Ein- speisetarif-Modell aufgenommen werden konnten. Ein Sondertopf von insgesamt 45 Millionen Euro für die Jahre 2017 und 2018 soll es nun richten, vorausgesetzt, der Projektwerber akzeptiert im Gegenzug ungünstigere, allerdings immer noch weit über den Marktpreisen liegende Einspeisetarife. Diese Option ist für Wind- energieanlagen attraktiv, deren Kontrahierung im derzeitigen System ab ca. 2020 oder später vorgesehen ist. Für derartige Anlagen werden die Projektwerber in den nächsten Monaten noch einmal die für sie wirtschaftlichste Variante berechnen, allenfalls auch noch Projektänderungen vornehmen. In die Gesamtkalku- lation mit einbezogen werden dabei (i) die auf fünf Jahre verlängerte Lebensdauer von zur Förderung eingereichten Anlagen, bevor die Förderanträge verfallen, und (ii) die um ein Jahr längere Frist für die Inbetriebnahme von unter Vertrag genommenen Anlagen.
Biogas Der Gesetzgeber hat erkannt, dass Biogasanlagen der ersten Generation unwirtschaftlich sind – für diese soll nach den Nationalratswahlen und dem grünen Licht aus Brüssel eine „Abwrackprämie“beschlossen werden. Ab 2018 gelten daher verschärfte Förderkriterien für neue Biogasanlagen. Gleichzeitig wurden die verfügbaren Fördermittel für Biogas- und Biomasseanlagen (nach Ende der Einspeisetarifierung) und die Kleinwasserkraft erhöht.
Photovoltaik Für neue oder erweiterte Photovoltaikanlagen und Stromspeicher wird ein Fördertopf von insgesamt 30 Millionen Euro für 2018 und 2019 eingerichtet. Damit können maximal 30 Prozent der spezifischen Investitionen gefördert werden; PV-Anlagen (mit Speicherkapazität) sollen überdies in Abweichung vom „First-come, first-served“-Prinzip vorgereiht werden können.
Letzte Gelegenheit
Der Nationalrat hat die letzte Gelegenheit genutzt, um die Errichtung neuer Ökostromanlagen noch einmal mit herkömmlichen Betriebsbeihilfen – sprich Einspeisetarifen – anzuschieben. Die Zukunft liegt aber in marktnäheren Förderarten – z. B. Investitionsbeihilfen; Prämie auf den von den Betreibern selbst erzielten Marktpreis –, einer flexibleren Ermittlung der projektnotwendigen Förderhöhe – z. B. über Ausschreibungen und Auktionen – und einer weitergehenden Verantwortung der Erneuerbaren für einen funktionierenden und sich kräftig wandelnden Strommarkt. Der Umbau wird primär unter der Ägide der EU-Kommission vor allem über die Beihilfenpolitik dirigiert. Der österreichische Gesetzgeber kann im Rahmen der anstehenden großen Ökostromnovelle noch an der einen oder anderen Stellschraube drehen. Die Richtung wird wohl auch bei der Nationalratswahl entschieden.