Trump wirft Putin Politik der Destabilisierung vor
Scharfe Töne vor erstem Gipfeltreffen wegen Konflikten in der Ukraine und Syrien
Warschau/Hamburg – Einen Tag vor Beginn des G20-Gipfels hat USPräsident Donald Trump heftige Kritik an der Politik Moskaus geübt. In einer außenpolitischen Grundsatzrede in der Warschauer Innenstadt forderte er Russland am Donnerstag auf, seine „destabilisierenden Aktivitäten in der Ukraine und anderswo“sowie seine „Unterstützung für feindliche Regime wie in Syrien und dem Iran“einzustellen. Angesichts der Bedrohungen – auch durch den Islamismus – werde sich zeigen, ob der Westen „den Willen zu überleben“habe. Trump bestätigte auch die Unterstützung der USA für die kollektive Selbstverteidigung der Nato unter Artikel fünf.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies die Vorwürfe zurück, man sei „mit dieser Sichtweise nicht einverstanden“. Russland verstehe noch nicht, wie die USA das Verhältnis zu Moskau gestalten wollten. Später flog Trump nach Hamburg. Er und Putin wollen sich dort heute, Freitag, am Rande des G20-Gipfels erstmals persönlich treffen. (red)
Der G20-Gipfel in Hamburg wird selbst für politisch desinteressierte Menschen spannend. Das liegt an Donald Trump. Wird der US-Präsident Angela Merkel die Hand reichen, nachdem er der deutschen Kanzlerin bei ihrem Besuch im Weißen Haus einen Handschlag störrisch verweigerte? Welchen Politiker wird Trump beiseiteschieben? Beim Nato-Treffen in Brüssel drängte er ja Montenegros Premier Duško Marković rüde beiseite.
Aber sogar wenn Trump sein bestes Benehmen an den Tag legt, dürften die Spannungen innerhalb der G20 offen zutage treten. Gastgeberin Merkel hat angekündigt, heikle Themen nicht vermeiden zu wollen. Ein Überblick über drei der zentralen Streitthemen:
Strittiges Paris-Abkommen
Hauptaufgabe der G20 ist die wirtschaftspolitische Koordination. Doch seit Jahren gehört es zur Praxis der Gruppe, ein gemeinsames Bekenntnis zum Kampf gegen den Klimawandel abzulegen.
Merkel drängt auf eine solche Erklärung. Sie will zudem einen Aktionsplan beschließen, in dessen Rahmen sich die G20 zu mehr Engagement bekennen. Ein Vorschlag war, Klimafragen eine größere Priorität in der Entwicklungspolitik einzuräumen. Auch der Austausch von Know-how bei Umwelttechnik hätte forciert werden sollen. Zudem wollten sich die G20 darauf verständigen, dass in Unternehmensbilanzen klimaspezifische Risiken künftig präzise dargestellt werden müssen, um Investoren zu schützen.
Doch es ist zweifelhaft, ob die G20 eine Erklärung zusammenbringen. Trump hat den Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen angekündigt.
Wichtige Berater der deutschen G20-Präsidentschaft erzählen, dass sich Merkel als Ziel gesetzt hat, zumindest den 19 übrigen Ländern ein Bekenntnis zum ParisVertrag abzuringen. Deutschland wird dabei von vielen Ländern, etwa Kanada und China, unterstützt. Den USA soll eine allgemeine Erklärung abgerungen werden. In einem Entwurf für eine Schlusserklärung für die G20 heißt es laut New York Times: „Die USA bekräftigen ihr starkes Engagement für einen globalen Ansatz, der die Emissionen senkt und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum unterstützt.“
Doch ist es unsicher, dass Trump dem zustimmt. Es gibt kein Druckmittel gegen ihn. Zudem ist die „19 gegen 1“-Strategie gefährdet.
Als größter Wackelkandidat gilt Saudi-Arabien. Laut dem Climate Action Network, einer Umweltschutzorganisation, ist der Hamburger Gipfel der ultimative Test für die Saudis: Das Land ist dem Pariser Abkommen zwar beigetreten, doch Saudi-Arabien sei immer zurückhaltend gewesen. Zuletzt wurde die Kooperation mit Washington verstärkt. Erst vor kurzem unterzeichnete das Land mit den USA einen 100-Milliarden-Dollar-Waffendeal. Angesichts dessen sei es zweifelhaft, ob das Königreich sich in Klimafragen gegen die USA stellt, so das Climate Action Network.
Gezerre um Protektionismus
Beim Gipfel der sieben wichtigsten Industrieländer (G7) auf Sizilien haben sich alle Staaten vor kurzem auf eine Ablehnung protektionistischer Maßnahmen verständigt. Doch ob in Hamburg erneut ein solcher Kompromiss gelingt, ist offen.
Im April hat Trump sein Handelsministerium darum ersucht zu bewerten, ob Stahlimporte in die USA die Verteidigungsbereitschaft des Landes schwächen, weil für den Kriegsfall nicht genug inländisches Material zur Verfügung steht. Wird diese Frage vom Handelsminister bejaht, hat Trump das Recht, Zölle auf Stahlprodukte zu verhängen.
Die US-Nachrichtenseite Axios berichtet, dass Trump bereits in den kommenden Tagen Zölle verhängen will – und zwar in Höhe von 20 Prozent. Solche Maßnahmen könnten neben China auch Deutschland, Mexiko und Südkorea treffen. Das Weiße Haus ließ verlauten, dass noch keine fixe Entscheidung getroffen wurde. Die Angst vor einem Stahlkrieg dürfte ein wichtiges Thema in Hamburg werden. Zumal die Stahloption für Trump verlockend ist. Der US-Präsident hat öfter protektionistische Maßnahmen angekündigt. Ohne den Kongress, der eher pro Handel ist, kann er nicht handeln. Der Verweis auf die nationale Sicherheit gibt Trump bei Stahl das Recht, allein tätig zu werden.
Als Ausgleich zu den Differenzen mit den USA bemühen die Europäer derzeit die Kooperation mit China und Indien. Doch in Wahrheit ist das Verhältnis der EU zu China viel schwieriger als das zu den USA. Das zeigt ein Blick in die Statistiken der Welthandelsorganisation (WTO). Demnach hat die EU zwischen 2008 und 2016 mit Abstand gegen kein Land so viele handelseinschränkende Maßnahmen (Zölle, Einfuhrbeschränkungen) in Kraft gesetzt wie gegen China. Die Volksrepublik hat ihrerseits mit einer Reihe von Strafmaßnahmen gegen EU-Produkte reagiert. Auch mit Indien gibt es mehr Handelsdispute als mit den USA. In Hamburg konkrete Ergebnisse in Handelsfragen zu erzielen wird für die EU auch abseits der USA nicht einfach.
Viele Ungleichgewichte
Ein Dauerthema bei den G20Treffen betrifft schließlich die wirtschaftlichen Ungleichgewichte – und Deutschland selbst. Auf 250 Milliarden Euro ist Deutschlands Handelsbilanzüberschuss 2016 angewachsen. Besonders die USA drängen Deutschland darauf, endlich mehr Geld auszugeben, um diesen Überschuss abzubauen. Berlin blockte bisher ab.