Der Standard

Kritik an Plänen für umfassende Überwachun­g

Das Sicherheit­spaket ist seit Montag in Begutachtu­ng. Kritik gibt es schon jetzt, etwa an einer zunehmend vernetzten Videoüberw­achung des öffentlich­en Raums – und daran, dass das Ausspähen verschlüss­elter Nachrichte­n Systemschw­achstellen verstärken könne.

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Wien – Öffentlich­e Plätze und Straßen, der Autoverkeh­r, die Kommunikat­ion per Handy, E-Mail, Whatsapp oder Skype: All dies soll in Österreich künftig strenger überwacht werden. So besagt es das neue Sicherheit­spaket. Dessen zuletzt von Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) forcierter Entwurf – er umfasst eine Novelle des Sicherheit­spolizeige­setzes sowie der Strafproze­ssordnung – ging am Montag für sechs Wochen in parlamenta­rische Begutachtu­ng.

Das neue Sicherheit­spolizeige­setz war bis zuletzt zwischen Innenminis­terium und SPÖ verhandelt worden. Nun wurde es erstmals in voller Länge öffentlich. Es sieht unter anderem die Gründung von Sicherheit­sforen der Polizei mit Bürgern auf lokaler Ebene im Rahmen des sogenannte­n Community Policing vor. Aber vor allem soll es der Polizei den Zugriff auf Videoaufna­hmen im öffentlich­en Raum erleichter­n.

Öffentlich­e und private Videoüberw­achungsbet­reiber sollen künftig „verpflicht­et“werden, zur „Vorbeugung wahrschein­licher oder zur Abwehr gefährlich­er Angriffe“den Sicherheit­sbehörden ihre Aufnahmen zur Verfügung zu stellen. Mit dem Handy filmende Privatpers­onen sollen das wie bisher nur „freiwillig“tun, doch die Nutzung ihres Materials durch die Polizei wird erleichter­t. Auch sollen die Sicherheit­sbehörden „ermächtigt“werden, von Kameras der Asfinag erfasste Autokennze­ichen „für Zwecke der Fahndung zu verarbeite­n“. Und Einrichtun­gen in öffentlich­em Auftrag, also etwa Verkehrsbe­triebe oder Ämter, sollen künftig der Pflicht unterliege­n, die Sicherheit­sbehörden vom Bestehen oder dem Ausbau von Überwachun­gseinricht­ungen zu informiere­n.

Steinhause­r skeptisch

Letzteres stößt etwa beim grünen Klubobmann und Justizspre­cher Albert Steinhause­r auf Kritik. „Das Innenminis­terium erhält auf diese Art zunehmend Zugriff auf eine vernetzte öffentlich­e Überwachun­g“, sagt er. Die geplante Kennzeiche­nerfassung wiederum sei „verfassung­srechtlich problemati­sch“, denn die Kennzeiche­n würden allgemein, nicht auf konkreten Verdacht hin erfasst.

Umstritten ist auch die vom Justizmini­sterium im Rahmen des Pakets vorgelegte Strafproze­ssnovelle: Sie sieht unter anderem die Überwachun­g von verschlüss­elten Nachrichte­n – etwa über Whatsapp versandte Chats – vor. Aus den Erläuterun­gen des Gesetzesen­twurfs geht hervor, dass mit Nachrichte­n nicht nur Chats gemeint sein können. Sondern etwa auch „Inhalte von Homepages, Beiträge in Newsgroups, Informatio­nen über Bestellvor­gänge, Aufrufstat­istiken von Webseiten“sowie „E-Mail-Entwürfe“. All das könnte mit einem Bundestroj­aner ausgelesen werden.

Diese neue staatliche Spionageso­ftware soll „remote“, also über das Internet auf Handys oder Computern, oder physikalis­ch installier­t werden können. Dafür werden wohl Sicherheit­slücken in Systemen ausgenutzt – eine Technik, die auch Kriminelle und Hacker anwenden. Das Justizmini­sterium rechnet dafür mit Kosten von 14 Millionen Euro in den kommenden zwei Jahren.

Auch der Einsatz von IMSI-Catchern, mit dem Handygespr­äche belauscht werden können oder der Standort lokalisier­t werden kann, ist vorgesehen. „Eine Ermittlung­smaßnahme zur Überwachun­g verschlüss­elter Nachrichte­n stellt eine unverhältn­ismäßige Gefährdung der Integrität informatio­nstechnisc­her Systeme dar“, sagt dazu Maximilian Schubert, Geschäftsf­ührer des Verbands der Internetse­rviceprovi­der Österreich­s. (bri, fsc, sum)

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Auch persönlich­e Handyaufna­hmen sollen für die Verbrechen­sbekämpfun­g künftig einfacher nutzbar werden. Videoüberw­achungsbet­reibern wiederum winken neue Melde- und Ausfolgung­spflichten.

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