Wałęsa ruft Polen zu Protest auf
Justizreform: Expräsident erinnert an Revolution 1989
Warschau – Der ehemalige polnische Präsident und SolidarnośćAnführer Lech Wałęsa hat sich den Protesten gegen den Zugriff der polnischen Regierung auf das Justizsystem des Landes angeschlossen. Der Friedensnobelpreisträger rief seine Landsleute am Samstag bei einer Kundgebung in seiner Heimatstadt Danzig auf, das Erbe der demokratischen Revolution nach dem Ende des Kommunismus 1989 zu retten. „1989 haben wir euch ein demokratisches Polen gegeben“, rief der 73jährige Wałęsa der jubelnden Menge zu. „Ihr müsst nun dafür kämpfen – mit allen Mitteln.“
Auch in anderen Städten versammelten sich wie bereits die Tage zuvor erneut zahlreiche Demonstranten, um gegen das Gesetz zu protestieren. Der polnische Senat hat nach 15-stündiger Debatte in der Nacht zum Samstag für das Gesetz, das der Regierung direkte Einflussnahme bei der Be- setzung des Justizrates und des Obersten Gerichts ermöglicht, gestimmt. Die Demonstranten fordern Polens Präsidenten Andrzej Duda auf, das Gesetz durch sein Veto zu stoppen. Seine Bedenkzeit beträgt 21 Tage.
Orbán springt Polen zur Seite
Der polnischen Regierung zur Seite sprang hingegen Ungarns Premierminister. Viktor Orbán bekräftigte bei einer Konferenz im rumänischen Kurort Băile Tuşnad, Polen gegen die „Inquisition“, die dem Land seitens der EU drohe, verteidigen zu wollen.
Die EU-Kommission hat Warschau bei Inkrafttreten der Justizreform ein Verfahren nach Artikel sieben des EU-Vertrages angedroht. Dieser sieht als schwerste Sanktion eine Aussetzung der Stimmrechte des Mitgliedstaates vor. Dem müssten jedoch alle anderen EU-Staaten zustimmen. (APA)