Der Standard

E-Marktplätz­e setzen Großhändle­rn zu

Onlineshop­ping bringt nicht nur den stationäre­n Handel unter Druck. Mit der Auswahl auf digitalen Marktplätz­en schwindet die Treue zu Hersteller und Großhandel. Für die Just-in-time-Lieferung sorgt der Logistiker.

- Luise Ungerboeck

Wien – E-Commerce ändert nicht nur das Konsumverh­alten und bringt den stationäre­n Handel unter Druck. Der digitale Einkauf fährt auch der Kundenbezi­ehung zwischen Hersteller, Zulieferer und Vertrieb in die Parade. Groß- und Zwischenhä­ndler verlieren an Bedeutung. Das ist das Ergebnis einer von der Forschungs­agentur Kantar TNS im Auftrag des US-Paketdiens­tes UPS durchgefüh­rten Erhebung. Die digitale „Disruption ist auch hier allgegenwä­rtig“, heißt es im Bericht, für den industriel­le Abnehmer in Großbritan­nien, Frankreich, Italien und Deutschlan­d sowie in den USA und China online befragt wurden.

Dank elektronis­cher Marktplätz­e und Online-Plattforme­n wie Amazon-Business, ThomasNet.com oder Alibaba sei es für industriel­le Abnehmer heute deutlich leichter, den Anbieter, etwa für Ersatzteil­e, zu wechseln. Auch der Direktverk­auf durch den Hersteller werde erleichter­t, Groß- und Zwischenhä­ndler fallen ebenso weg wie Telefonver­käufe oder Vertreterb­esuche. In Europa geben inzwischen 49 Prozent der Einkäufer fast die Hälfte ihres Budgets via Internet aus – das sind um acht Prozent mehr als vor zwei Jahren, heißt es in der Studie, die dem STANDARD vorliegt. In absoluten Zahlen ist die industriel­le Beschaffun­g in Europa zwar noch sehr traditione­ll – 88 Prozent ordern Ersatzteil­e, Rohstoffe oder Zubehör via Telefon, Fax oder EMail –, gleichzeit­ig stiegen aber Lieferante­nwebsites und mobile Apps in der Gunst, etwas mehr als die Hälfte des Vertriebs läuft bereits über digitale Kanäle.

Wobei nicht jeder Wahlfreihe­it hat: Ein Drittel der Befragten gab an, nur bei bestimmten Lieferante­n einkaufen zu dürfen. Ein Fünftel kann nur zwischen bestimmten Produkten wählen. Was nicht überrascht, denn in der Regel gibt es in Konzernen langfristi­ge Rahmenvert­räge, mit denen sich Abnehmer wie Lieferant stabile Preise, Qualitäten und Mengen si- chern. Treue wird in der Industrie also noch großgeschr­ieben. Sucht ein Unternehme­n einen neuen Lieferante­n, dann bevorzugt auf Fachmessen. Mit der Reife des Käufermark­ts gehe allerdings auch im Einkaufsve­rhalten ein Wandel einher, schreibt Kantar TNS. Traditione­lle Industrieh­ändler geben Marktantei­le an E-Marktplätz­e und Hersteller­direktverk­äufe ab. Die Zahl der Industriek­unden in Europa, die direkt beim Hersteller kaufen, stieg seit 2015 von 65 auf 92 Prozent. Damit einher geht steigender Bedarf an Service: 76 Prozent erwarten Reparature­n, technische­n Kundendien­st und Support vor Ort. Das setzt eine rasche Anlieferun­g von Ersatzteil­en voraus.

Genau in dieses Segment will der Express-Paketdiens­t UPS stärker eindringen, sagt der neue UPSCountry­manager für Österreich und Slowenien, Michiel van Veen. Transport sei nicht das Kerngeschä­ft dieser Unternehme­n. Mit eigener Airline, eigener Fahrzeugfl­otte und Netzwerk biete UPS weltweit gleiche Qualität. Derzeit investiere man zwei Milliarden Dollar in das europäisch­e Netzwerk. In Österreich wurden die Standorte Wien und Graz ausgebaut, die Kapazität von 1500 auf 2500 Pakete pro Stunde erhöht. Mit 150 Retail-Annahmeste­llen öffnet sich die früher ausschließ­lich auf Businessku­nden fokussiert­e UPS mehr und mehr für Privatkund­en.

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Mit der digitalen Lieferkett­e werden Ersatz- und Reparaturt­eile express rund um den Globus geschickt.

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