Der lange Weg zur Bildungsstätte
Auch abseits der Diskussionen über islamische Kindergärten läuft in den elementarpädagogischen Einrichtungen nicht alles rund. Es fehlt an Personal und einheitlichen Qualitätskriterien. Um den Anforderungen an eine Bildungseinrichtung gerecht zu werden, b
Der Alltag schaut im Kindergarten häufig so aus: Zwei Kinder streiten um ein Spielzeug, ein drittes will wieder heim zu seinen Eltern, ein anderes hat den Gang zur Toilette nicht rechtzeitig geschafft, wieder andere wollen sofort etwas zu trinken, außerdem müssen die Reste der Vormittagsjause weggeräumt werden, und auch die anderen Kinder brauchen Aufmerksamkeit. Der Lärmpegel ist hoch. Eine Pädagogin und eine Assistentin, die oft nur halbtags arbeitet, kümmern sich in Österreich um bis zu 25 Kinder. Einen bundesweit gültigen Betreuungsschlüssel gibt es nicht. Kindergärten sind Länderkompetenz.
In wenigen Tagen beginnt ein neues Kindergartenjahr. Eine Debatte findet aber nur über islamische Kindergärten statt – von Kopftüchern schon bei den Kleinsten bis hin zu fehlenden Deutschkenntnissen der Pädagogen und schlechterer Bezahlung. Eine vorgeschobene Diskussion, denn auch abseits möglicher Missstände bei bestimmten Trägervereinen läuft in den Kindergärten vieles nicht optimal. Betroffen sind Kindergartenpädagoginnen, Eltern und Kinder.
Über die Bedeutung der Kindergärten herrscht – wie bei kaum einem anderen Thema – politischer Konsens. In regelmäßigen Abständen wird von Politikern unterschiedlicher Parteien betont, wie wichtig die frühkindliche Bildung und damit auch der Kindergarten für die Gesellschaft sei. Auch im überarbeiteten Regierungsübereinkommen wurde die Stärkung der Kinderbetreuung zur Bildungseinrichtung erneut festgeschrieben. Nur: Das notwendige Geld dafür will niemand in die Hand nehmen.
Die National Association for the Education of Young Children (NAEYC) empfiehlt maximal 20 Kinder in einer Kindergartengruppe. Einzig Tirol hat diese Gruppengröße auch rechtlich vorgeschrieben. Auch der Betreuungsschlüssel, wie viele ausgebildete Fachkräfte und wie viele Assistenzkräfte diese Gruppe betreuen, ist in Österreich nicht einheitlich geregelt. Laut NAEYC wären zwei Fachkräfte für zehn Kinder empfehlenswert.
Die Betreuungsquote bei über Dreijährigen ist in Österreich, nicht zuletzt wegen des 2009/10 eingeführten verpflichtenden Kindergartenjahres, in allen Bundesländern hoch. Laut Statistik Austria besuchen österreichweit 93,4 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen einen Kindergarten. Spitzenreiter ist das Burgenland mit 97,7 Prozent. Der Betreuungsschlüssel ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. In den meisten Bundesländern arbeiten aber nur eine Pädagogin und eine Assistenzkraft meist im halben Stundenausmaß in einer Kindergruppe.
Umsetzung nicht möglich
Zu wenig Personal, um den Anforderungen an eine Bildungseinrichtung gerecht zu werden. „Die Forderungen der Politik sind vernünftig, aber es wird nicht bedacht, wie das alles gemacht werden soll“, kritisiert Heidemarie Lex-Nalis, Sprecherin der Plattform Educare, eines Vereins zur Förderung der Elementarbildung. In der Politik zeige man sich dann erstaunt, dass die Kindergärtnerinnen diese Forderungen nicht bejubeln. Das sei noch keine Aufwertung des Berufs, denn solange sich an der Ausbildung und an der Gruppengröße nichts ändert, sei es unmöglich diese Ideen auch umzusetzen, ergänzt sie.
„Auf den Stress war ich nicht vorbereitet“, sagt eine Kindergartenpädagogin aus Wien, die ano- nym bleiben will. Der Lärm ist groß, Kinder sitzen nicht ruhig und warten, bis etwas passiert. In einer solchen Umgebung sei es schwierig, Projekte umzusetzen, Zeit für Eins-zu-eins-Betreuung fehlt da gänzlich.
Um Entwicklung und Lernfortschritte durchgängig zu dokumentieren, wird in Oberösterreich als Pilotprojekt der Bildungskompass bei den Dreieinhalbjährigen getestet. Fünf „Lerndispositionen“sollen von den Elementarpädagogen festgestellt werden. Fachlich und als Beobachtungsinstrument sei dieser Kompass gut, sagt Nina Hover-Reisner. Sie leitet an der FH Campus Wien das Bachelorstudium Sozialmanagement in der Elementarpädagogik. „Das Problem ist der Einsatz in der Praxis. Das braucht ausreichende Begleitung“, sagt sie. Der Bildungskompass soll dazu beitragen, den Übergang vom Kindergarten zur Schule zu verbessern. „Gerade hier muss man aufpassen, welche Informationen aus der Hand gegeben werden. Was hilft Kindern, und was läuft Gefahr, sie zu stigmatisieren?“Die Ausbildung an der Bafep, der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik, reiche für die Beurteilung kaum aus, kritisiert sie.
Die Forderung nach einem Hochschulstudium für Elementarpädagogik gibt es schon lange. Bei der Neugestaltung der Pädagogenausbildung wurde sie anfangs auch mitgedacht. Seit 2016 gilt diese neue Ausbildungsstruktur bundesweit, die Elementarpädagogik ist aber nicht dabei. Österreich ist damit das einzige Land in Europa, in dem es kein verpflichtendes Hochschulstudium für Elementarpädagogik gibt.
Durch die Bafep werden angehende Kindergartenpädagoginnen in manchen wichtigen Aspekten gut ausgebildet, sie können sicher einen spannenden Alltag für