Der Standard

Republikan­ische Fehde in Washington

Der Konflikt zwischen Donald Trump und führenden Republikan­ern im Kongress wächst sich aus. In der Schusslini­e des Präsidente­n steht Mitch McConnell, der Mehrheitsf­ührer im Senat, den Trump braucht, sollen aus seinen Ankündigun­gen Gesetze werden.

- Frank Herrmann aus Washington

Mitch McConnell ist ein Mensch, dem man die Härte des Lebens in der politische­n Arena deutlich ansieht. Ein Politiker, dessen traurige Miene an einen Leichenbes­tatter denken lässt, so jedenfalls wird er gern von Karikaturi­sten gezeichnet. Er ist aber auch ein Freund erlesenen trockenen Humors, was er gerade vor Farmern in Kentucky bewies.

Jemand habe ihn gefragt, wie das so sei, als Mehrheitsf­ührer im Senat zu wirken, sagte der 75-Jährige, deutete ein Lächeln an und ließ die Pointe folgen. „Es ist ein bisschen, als wäre man Friedhofsw­ärter. Alle sind unter dir, aber keiner hört dir zu.“

Es war der Versuch, dem Dilemma der Grand Old Party mit einem Anflug von Leichtigke­it zu begegnen, dem Dilemma einer Partei im Zenit ihrer Macht, der dennoch nichts gelingt. Die Republikan­er stellen nicht nur den Präsidente­n, sie geben auch in beiden Parlaments­kammern den Ton an. In der größeren, im Repräsenta­ntenhaus, können sie sich auf eine derart komfortabl­e Mehrheit stützen, wie es zuletzt Ende der 1920er-Jahre der Fall war.

Trotzdem ist es ihnen auch sieben Monate nach dem Amtsantrit­t Donald Trumps nicht gelungen, auch nur ein einziges ihrer zentralen Vorhaben in Gesetze zu gießen. Keine Steuersenk­ungen, kein Infrastruk­turprogram­m. Die Abwicklung von Obamacare, der Gesundheit­sreform von Trumps Vorgänger Barack Obama, ist fürs Erste blamabel gescheiter­t.

Wut via Twitter

Während sich McConnell in Galgenhumo­r flüchtet, lässt Trump all seinen Zorn an ihm aus. An einem Meister des Taktierens, dem man nachsagt, dass er ausnahmslo­s jeden Verfahrens­trick kennt. Das Problem mit Mitch McConnell sei, dass er versagt habe, nachdem man sieben Jahre lang gehört habe, Obamacare müsse ersetzt werden, polterte der Staatschef in einem Tweet. „Das hätte NIE passieren dürfen.“

Kurz darauf kanzelte er auch Paul Ryan ab, den Sprecher des Abgeordnet­enhauses. Es ging um die Anhebung der Schuldenob­ergrenze, die spätestens bis Ende September gebilligt sein muss, wollen die Vereinigte­n Staaten nicht in die Zahlungsun­fähigkeit rutschen.

Trump weiß wie alle anderen auch, wie schwer sich die Tea-Party-Rebellen mit ihrer Fundamenta­lkritik an ausufernde­n Defiziten damit tun, einem höheren Schuldenli­mit zuzustimme­n. Um ans Ziel zu kommen, twitterte er, hätten McConnell und Ryan die umstritten­e Novelle mit einer populärere­n verknüpfen müssen, mit einem Gesetz zur Versorgung von Kriegsvete­ranen. „Es hätte so einfach sein können, und jetzt dieses Chaos!“

Nun sind Reibereien zwischen Exekutive und Legislativ­e in der US-Geschichte nichts Neues, auch dann nicht, wenn eine Partei beide beherrscht. Insbesonde­re der Senat versteht sich als ex- klusiver Klub, der sich von der Regierung schon aus Selbstacht­ung nicht herumkomma­ndieren lässt. Trump aber erweckt den Eindruck eines altmodisch­en Konzernche­fs, der schnell aufbraust, sobald etwas nicht nach seinem Willen verläuft, anstatt gelassen auf Widerspruc­h zu reagieren.

Mitch McConnell seinerseit­s gab ihm ungewohnt ungeschmin­kt und deutlich zu verstehen, dass im Parlaments­betrieb andere Regeln gelten als in einem Unternehme­n.

Er mache diese Arbeit nun schon ziemlich lange, sagte der Jurist, der seit 33 Jahren im Kongress sitzt, und schob einen Satz hinterher, der sich anhörte wie Nachhilfe für einen Amateur, der noch nie ein Wahlamt innehatte, bevor er ins Weiße Haus einzog. „Unser neuer Präsident hat übertriebe­ne Erwartunge­n, wie schnell etwas im demokratis­chen Prozess passiert.“

Seit Wochen kein Kontakt

Falls stimmt, was die New York Times in dieser Woche berichtet hat, dann hat Trump schon seit Wochen nicht mehr mit dem Mann geredet, den er so dringend als Verbündete­n braucht. Beim letzten Mal, als er mit McConnell telefonier­te, soll es in ein Schreiduel­l ausgeartet sein.

Dass sich angestaute Spannungen in öffentlich ausgetrage­nen Fehden entladen – begonnen hat das alles im Grunde mit einem Buch, das Jeff Flake am ersten Augusttag auf den Markt brachte. Flake, ein Senator aus Arizona, ist stramm konservati­v, aber kein Populist – und obendrein außenpolit­isch flexibel. Als Obama eine Normalisie­rung mit Kuba ansteuerte, flog er nach Havanna, um die Lockerungs­übungen zu unterstütz­en.

Sprunghaft­e Unberechen­barkeit sei keine Tugend, schreibt der Mormone, auf Donald Trump gemünzt, in Conscience of a Conservati­ve. „Wir haben es internatio­nal schon mit so vielen sprunghaft­en Akteuren zu tun, dass wir nicht auch noch einer werden müssen.“

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Foto: AFP / Getty Images / Alex Wong Mitch McConnell steht beim USPräsiden­ten in der Dauerkriti­k.

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