Wenig Chancen für Vermisste in der Schweiz
Einsatzkräfte dämpften Hoffnungen – Erste Bewohner durften in evakuierten Ort
Bondo/Wien – In der Nacht ruhten die Helfer. Zu gefährlich war es, nach den acht vermissten Wanderern im Schweizer Kanton Graubünden zu suchen. Am Freitag wurde der Einsatz schließlich mit rund 120 Personen und mithilfe von Helikoptern fortgesetzt. Doch die Einsatzkräfte schätzten die Überlebenschancen der Vermissten – unter denen sich auch ein Ehepaar aus der Steiermark befindet – als gering ein: „Wir sind mehr als 24 Stunden vom Ereignis entfernt“, dämpfte Polizeisprecher Roman Rüegg vor Medien die Hoffnungen: „Die Chancen liegen nicht im hohen Bereich.“
Indessen durften manche Bewohner des evakuierten Bergdorfes Bondo wieder zurück in ihre Häuser. Je nach Bedrohungslage wurde der Ort in Zonen unterteilt. Bewohner der roten Zone müssen allerdings noch Tage, wenn nicht Wochen auf eine Rückkehr warten, hieß es von offizieller Seite.
Am Freitag waren keine Gesteinsbrocken mehr vom 3369 Meter hohen Piz Cengalo abgerutscht, nachdem am Mittwoch rund vier Millionen Kubikmeter Geröll und Schlamm ins Bondasca-Tal gedonnert waren. Die Behörden gehen davon aus, dass noch eine Million Kubikmeter am Berg im Bewegung sind, deshalb wurde vor weiteren Bergstürzen gewarnt.
Der Schutt des ersten Sturzes türmt sich laut Schätzungen in den höheren Lagen zwischen 40 und 50 Meter hoch. Die vermissten Wanderer hatten in der Sciora-Hütte übernachtet und waren rund zwei Stunden vor dem Bergsturz aufgebrochen, wie der Hüttenwart im Schweizer Rundfunk zitiert wird.
In der betroffenen Region wird zu Fels- und Bergstürzen geforscht. Erst im Juli wurden von der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer Messungen vorgenommen. Deshalb wurde vor dem Bergsturz am Mittwoch gewarnt, weswegen Bondo rechtzeitig evakuiert werden konnte. Die Gletscherschmelze hat zu dem Bergsturz beigetragen, sagte Permafrostforscherin Marcia Phillips dem Tages-Anzeiger im Interview. (bbl)