Zahl der Leihräder in Wien steigt rasant an
Die milliardenschwere chinesische Firma Ofo startet am Sonntag mit 200 Leihbikes in Wien. Wird der kostenlose Testbetrieb angenommen, soll expandiert werden. Insgesamt sind nun 2300 Leihräder verfügbar.
Wien – Der Wiener Leihfahrradmarkt nimmt Fahrt auf: Erst im Frühjahr brachte die Firma Donkey Republic aus Dänemark mit ihrem lokalen Partner Pedal Power ihre Leihräder auf den Wiener Markt. Derzeit sind nach Eigenangaben 200 im Umlauf. Vergangene Woche folgte O-Bike aus Singapur mit rund 500 Rädern.
Am Sonntag startet mit Ofo der nächste asiatische Anbieter in Wien: Das Unternehmen aus Peking schickt vorerst 200 knallgelbe Drahtesel auf die Straße, hieß es bei der Präsentation am Freitag. Dazu kommen mit den Citybikes des stadtnahen Werbeunternehmens Gewista weitere rund 1400 Fahrräder. Insgesamt sind ab kommender Woche 2300 Leihbikes verfügbar.
Milliardenschwere Firma
Die chinesischen Anbieter, die auf den Wiener Markt drängen, sind keine kleinen Start-ups mehr, sondern milliardenschwere Unternehmen. Ofo, vor drei Jahren von Pekinger Studenten gegründet, ist mittlerweile der weltweit größte stationsfreie Bikesharing-Anbieter. Stationsfrei bedeutet, dass die Räder an keine fixen Stationen angedockt werden müssen (wie bei den Citybikes), sondern überall abgestellt werden können, wo es erlaubt ist.
Ofo hat dank Risikokapitalgebern rasant expandiert, derzeit sind acht Millionen Leihbikes unterwegs – vor allem in chinesischen Städten. Die Firma wird aktuell auf drei Milliarden Dollar taxiert. Verfügbar sind die chinesischen Bikes auch schon in US-Städten wie San Francisco oder Seattle, zuletzt kam das britische Manchester dazu.
Wien sei die erste Stadt auf dem europäischen Festland mit OfoBikes, erzählt Fred Dong, ein junger chinesischer Manager in Sakko und T-Shirt. Dong ist für den Launch in Wien verantwortlich. Markteintritte in weiteren europäischen Städten dürften bald folgen, sobald die nächste Schiffscontainerladung mit den gelben Bikes eintrifft.
Die einmonatige kostenlose Pilotphase startet ab Sonntag im zweiten Bezirk mit 200 Rädern, die in der Nähe der U-Bahn-Stationen und des WU-Campus platziert werden. Verläuft der Test erfolgreich, könnten die Leihräder auf ein paar Tausend im Stadtgebiet aufgestockt werden. Nach dem Test werden 50 Cent pro halbe Stunde fällig, bezahlt wird mittels Kreditkarte.
Ofo funktioniert ähnlich wie Carsharing-Systeme. Wer die App herunterlädt, findet auf einer Karte freie Leihräder angezeigt. Diese dürfen neben Parkständern auch auf Parkspuren oder breiten Gehsteigen abgestellt wer- den. Das Fahrradschloss wird mit Handyapp und QR-Code geöffnet.
Wegen der vielen persönlichen Daten und Wegprofile, die Ofo von seinen Nutzern sammelt, regte sich auch Kritik. Diese würden aber „nicht für Werbung“verwendet werden, versprach Dong im Gespräch mit dem STANDARD.
In Amsterdam stehen noch keine Ofo-Bikes. Die Fahrradstadt musste auf den Boom an Leihfahrrädern aber bereits reagieren: Stationsfreie Leihbikes wurden vorläufig verboten – und zwar dort, wo sie Stellplätze für private Fahrräder besetzen.
Das seit 2003 existierende Wiener Citybike-System der Gewista sieht in Anbetracht der neuen Konkurrenz etwas alt aus. Der Aufbau des Systems dauerte mehr als 13 Jahre und kostete mehrere Millionen Euro. Um eine höhere Nutzung zu erzielen, müsste die Distanz zwischen den Stationen aber halbiert werden, sagte der Fahrradbeauftragte Martin Blum. Dazu fehle der Stadt vorerst das nötige Geld.
Ob und wann das Citybike-System ausgebaut werde, stehe nicht fest. Das bestätigt auch der Betreiber von Citybike, die Gewista: Der Betrieb von Citybike sei aber „für die nächsten Jahre gesichert“, sagte ein Sprecher.