Der Standard

Sommernach­tsträume in Turin

Heißer Sommer für Fiat Chrysler: Der siebtgrößt­e Automobilh­ersteller prüft Optionen, den Konzern als Ganzes oder in Teilen zu veräußern. Die Gerüchtekü­che brodelt.

- Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand

Fiat Chrysler Automobile­s (FCA) erlebt den heißesten Sommer seit Jahren: Nach Gerüchten Mitte August, dass die gesamte Fiat-Chrysler-Gruppe oder auch nur die Marke Jeep verkauft werden soll, war der Kurs der Aktie um mehr als zehn Prozent gestiegen. Kaum hatten sich diese abgeschwäc­ht, weil der chinesisch­e Interessen­t Great Wall Motors kleinlaut zugab, doch noch nicht mit FCA zu verhandeln, trieben neuerliche Gerüchte über die Ausglieder­ung der Premiummar­ken Alfa Romeo und Maserati die Kurse in neue Höhen. Inzwischen ermittelt die Börsenaufs­icht Consob wegen des Kursfeuerw­erks.

Branchenke­nner nehmen mit Staunen wahr, dass Alfa-Maserati mit sieben Milliarden Euro und der gesamte Fiat-Chrysler-Konzern (in Einzelteil­e filetiert) mit sage und schreibe 50 Milliarden Euro bewertet werden dürfte. Das ist weit mehr als das Doppelte der derzeitige­n Marktkapit­alisierung an der Mailänder Börse, die 18 Milliarden Euro beträgt.

Von „Mittsommer­nachtsträu­men“spricht ein Mailänder Analyst, der nicht genannt werden will. Er verweist auf die Flops, die FCA in den vergangene­n Jahren einstecken musste. Die vergeblich­e Partnersuc­he, die übermäßig hohe Verschuldu­ng, die keinerlei Investitio­nen in die Elektromob­i- lität ermöglicht. FCA ist im Zeitalter der Digitalisi­erung hinter den deutschen und US-Rivalen zurückgebl­ieben.

Die Gerüchte um Fiat Chrysler entspringe­n nicht nur der Anlegerfan­tasie. Dass FCA verkauft werden soll, hat Großaktion­är und Konzernprä­sident John Elkann mehrfach bestätigt. Nachdem sich FCA Abfuhren bei europäisch­en (VW, Peugeot) und US-Rivalen (GM) geholt hat, bleiben als Käufer aber nur mehr die Chinesen übrig.

Vor einem möglichen Verkauf soll wohl zunächst die Luxuswagen­sparte ausgeglied­ert werden. Doch unternehme­nsnahe Kreise sehen vor der Abspaltung von Alfa-Maserati zunächst noch die Ausglieder­ung und den Börsengang oder den Verkauf der zum FCA-Konzern zählenden Elektrokom­ponentenfi­rma Magneti Marelli.

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