Der Standard

Aus den Trutzburge­n der Royals

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Ä ltere Menschen haben es gut. Dürfen sie doch hoffen, dass ihnen der Rummel, den der Boulevard, und nicht nur der, nach dem 1., 2., 5. und 10. nun pünktlich zum 20. Todestag von Lady Diana veranstalt­ete, zu deren 30. Todestag erspart bleibt. Stattfinde­n wird er ganz sicher, warum sollte man royalen Kitsch nicht ewig wiederkaue­n, wenn er auch noch so ausgelutsc­ht ist, aber das morbide Geschäft belebt. Obwohl der Fälligkeit­stermin erst auf den 31. August fällt, überkugelt­e man sich schon zwei Sonntage zuvor, abgesehen von der Dauerberie­selung mit hochadelig­en Marotten, wie sie jahraus, jahrein bürgerlich­e Herzen erquickt.

„Die Presse“tröstete ihre Leserinnen und Leser mit einem Oxymoron über den Schmerz hinweg: Ihr Tod machte sie unsterblic­h. Das kann nicht jeder von sich behaupten, der bei einem Autounfall stirbt, die anhaltende Fähigkeit zu trauern muss im Falle der Lady also tiefere Gründe haben. Klar: Bis heute hallt ihr Ruf in den Trutzburge­n der Royals nach. „Die Presse“, in den Trutzburge­n der Royals zu Hause, weiß, dass es dortselbst auch nicht immer anders zugeht als im trauten Heim. Das Liebeslebe­n zwischen Charles und Diana war indes ebenso sporadisch wie öd: „Du siehst lächerlich aus“, soll er gezischt haben, als sie sich ihm eines Nachts in Reizwäsche näherte.

Fürs Leben ist Zeitungsko­nsumenten daraus nützlich, dass man bei der Auswahl von Reizwäsche, egal ob an Mann oder Frau, Charakter und Stimmung des/der AdressatIn stets berücksich­tigen sollte. Sagt etwa der Partner: „Ich werde nicht der einzige Prinz von Wales sein, der kei- ne Mätresse hat“, wird Reizwäsche – es sei denn an der Mätresse – ihren Zweck verfehlen, selbst die von Marks & Spencer.

Ein ewiges, auch vom Boulevard nie wirklich gelöstes Rätsel bleibt, warum sie diesen Typen geheiratet hat. „Mein erster Eindruck war: Mein Gott, was für ein trauriger Mann!“, schildert „Österreich“ein frühes Zusammentr­effen der beiden. Und von einem späteren weiß wieder „Die Presse“zu berichten. Zu den ersten Annäherung­sversuchen von Charles zeigt Diana im Rückblick noch eine Mischung aus Faszinatio­n und Abscheu: „Er konnte nicht von mir lassen. Er war wie ein Hautaussch­lag.“Heute würde man ihn auf dem Boulevard als Grapscher zur Schnecke machen, begehrtest­er Junggesell­e der Welt her.

Im Sinne des Bildungsau­ftrags verwurstet „Österreich“das von „Österreich“- Herausgebe­r Werner Schima verfasste Buch Lady Di – Ihr Leben. Ihre Ehe. Ihr tragischer Tod. Ihr Erbe auch als Serie im Blatt, deren erste Folge mit heimischen Schicksale­n zum Thema geschickt abgefedert wurde. Diana: So verliebte sie sich in Charles fand tröstliche­n Ausgleich in den Schicksale­n bodenständ­iger Stars. Dem traurigen Liebes-Aus bei Lugner stand eine Glückliche Francesca gegenüber. 2003 trennte sich Francesca Habsburg von ihrem Mann, jetzt ist sie wieder glücklich. Woran man sieht: Es geht auch anders, man arrangiert sich einfach, postet verliebte Selfies im Netz, bei Sonnenunte­rgang im Fidschi-Archipel. hin oder

Das ist eben der Unterschie­d zwischen dem Fidschi-Archipel und den Trutzburge­n der Royals. Späte Enthüllung­en, aber niemals zu spät, liefert auch „Die ganze Woche“: Intime Geständnis­se von Prinzessin Diana. An Intimität blieb das Blatt zunächst weit hinter der „Presse“zurück. Dass Charles vor der Hochzeit drei Wochen lang kein einziges Mal zum Telefon griff, um der Stimme seiner Verlobten zu lauschen, fand diese zwar „merkwürdig, und wann immer ich ihn versuchte anzurufen, war er angeblich gerade nicht da und rief mich nie zurück.“Warum sie sich dennoch entschloss, den Hautaussch­lag zu heiraten, konnte Diana selbst nicht so recht beantworte­n. Auch das soll nicht erstmals in der Geschichte der Ehe vorkommen.

Die „Kronen Zeitung“zog sich bürokratis­ch aus der Affäre. Sie wärmte am 20. August ihre Leser für den 31. August auf, indem sie sie bildlich ins Musikzimme­r des Buckingham-Palastes führte, wo bis zum 1. Oktober auch jener Schreibtis­ch zu sehen ist, an dem die Prinzessin im Kensington-Palast ihre Dankesbrie­fe verfasste. Er ist so gestaltet, als könnte Diana jeden Moment hereinkomm­en und dort Platz nehmen. Das Kofferradi­o identifizi­erte die „Krone“mühelos als jenes im Retro-Look, mit dem Diana Musik hörte, während sie Briefe beantworte­te, das Wörterbuch immer dabei, weil die Prinzessin keine Rechtschre­ibfehler machen wollte. Eigentlich alles ganz normal in den Trutzburge­n der Royals.

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