Der Standard

„Bastarde,

Der syrische Kurde Masoud Aqil ist TV-Jour Flüchtling­slager traf er erneut auf IS-Leu

- Wolfgang Rössler

Standard: Wie geht es Ihnen? Gut. Aqil:

Standard: schlafen?

Ja, vier Stunden in guten Nächten. Sieben sind ein Glück. Aqil: Aqil:

Können

Sie

nachts

Standard: In Ihrem Buch haben Sie Ihre Zeit als Gefangener des IS ebenso geschilder­t wie die Flucht nach Deutschlan­d und den Schock, als Sie ehemalige IS-Leute in Flüchtling­slagern trafen. Wie ging es Ihnen beim Schreiben?

Für den Teil über meine Zeit im Gefängnis habe ich zwei Monate gebraucht. Ich versuchte meine Erinnerung­en durchzugeh­en, mit allen schmerzhaf­ten Details. Danach fiel ich in eine Depression. Ich habe eine Pause eingelegt, dann weitergema­cht.

Standard: War das Schreiben eine Art von Therapie?

Am Ende schon, dazwischen war es schmerzhaf­t. Erinnerung­en an meine Mitgefange­nen kamen hoch, von denen viele Freunde wurden. Leute, denen der Kopf abgehackt wurde. Bei anderen habe ich mich gefragt, wo sie jetzt sind. Aqil:

Standard: Etwa Ihr Arbeitskol­lege, mit dem Sie für einen kurdischen TV-Sender einen Bericht machen wollten, als Sie vom IS gekidnappt wurden. Er kam nicht mit Ihnen frei. Wissen Sie etwas über ihn?

Leider nicht. Ich habe ihn zuletzt im März 2015 getroffen. Wir hatten eine gemeinsame Zelle, wurden dann aber getrennt. Am Tag meiner Freilassun­g war ich alleine. Das war ein Schock. Ich hätte glücklich sein müssen, aber ich konnte es nicht. Aqil:

Standard: Wie kam Entführung?

Wir berichtete­n für einen kurdischen Sender von der Front. Am 15. Dezember 2014 wollten wir ein Interview mit einem Stammesfüh­rer machen. Mein Kollege Farhad saß am Steuer, ich schlief auf dem Beifahrers­itz. Südöstlich von Qamischlo gerieten wir in eine Straßenkon­trolle des IS. Als er mich aufweckte, waren die mit Maschineng­ewehren und Bomben bewaffnete­n IS-Leute nur noch Meter entfernt. Es war klar, dass wir nichts tun konnten. Es war für sie ein Leichtes, uns zu entführen und in das von ihnen kontrollie­rte Gebiet zu bringen. Aqil: Aqil:

es zu

der

Standard: Welche Gedanken kamen Ihnen in diesem Moment?

Ich hatte seltsamerw­eise keine Angst, ich habe nichts gespürt und wie ein Außenstehe­nder zugesehen. Ich habe auf Details geachtet, ihr Gewand, ihre Augen. Damals war ich überzeugt, dass es der letzte Augenblick meines Lebens sein müsste, weil sie mir sofort den Kopf abschlagen würden. Stattdesse­n brachten sie uns in ein Gefängnis, wo wir verhört wurden. Aber ich wusste, dass sie uns jederzeit töten könnten, und das haben sie auch demonstrie­rt: Sie haben uns ein Messer an den Hals gehalten, ein Gewehr gegen die Schläfe. Sie wollten uns ihre Macht demonstrie­ren.

Standard: Die IS-Truppen hatten Ihre Ausrüstung konfiszier­t. Auf ihren Smartphone­s konnten sie lesen, was Sie auf Twitter über den IS geschriebe­n hatten. Dennoch ließ man Sie am Leben. Waren Sie als Journalist­en wertvoll? Aqil:

Wäre ich ein normaler Bürger gewesen, hätten sie mich auf der Stelle umgebracht. Damals wurde ein junger Mann enthauptet, weil er per Facebook-Chat mit einer Frau geflirtet hat. Ich aber hatte als Journalist ein Twitter-Profil und habe gegen den IS angeschrie­ben: in der Hoffnung, dass wir sie eines Tages loswerden. Sie wussten sofort, wer wir waren. Obwohl ich mich nicht als besonders wichtigen Journalist­en sah, war ich es für sie. In dieser Zeit begannen kurdische Truppen den IS anzugreife­n, sie stießen immer weiter vor. Die kurdischen Truppen hatten an die 600 IS-Leute gefangen, während nur wenige Kurden in IS-Gefangensc­haft waren. Das machte uns wertvoll in Bezug auf einen künftigen Gefangenen­austausch.

Standard: Dennoch mussten Sie während der gesamten Gefangensc­haft um Ihr Leben bangen?

Ja, ich wurde zum Tod durch Enthauptun­g verurteilt, und sie haben meinen Fall nicht mehr neu aufgerollt. Aqil:

Standard: Gibt es innerhalb des IS so etwas wie ein Rechtssyst­em?

Sie tun so, als ob es eines gäbe – auch mit Blick auf westliche Medien, um zu zeigen, dass es sich um einen Staat handle. Natürlich Aqil: INTERVIEW:

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Aqil: „Ich habe keine Angst. Manchmal a

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