Der Standard

Frauenquot­e für deutsche Vorstände

In Deutschlan­d ist in börsennoti­erten Unternehme­n die Frauenquot­e Pflicht. Aber in den Vorständen tut sich weibliches Personal schwer. Nun droht die SPD auch hier mit einem Gesetz.

- Birgit Baumann aus Berlin

Es könnte aus Frauensich­t natürlich immer noch alles besser sein. Aber Im Großen und Ganzen ist die deutsche Bundesregi­erung zufrieden. „Die Quote wirkt“, sagen Frauenmini­sterin Katarina Barley und Justizmini­ster Heiko Maas (beide SPD). Ihre beiden Ressorts haben gerade eine Bilanz zur Wirkung des Gesetzes für die gleichbere­chtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspo­sitionen in der Privatwirt­schaft und im öffentlich­en Dienst vorgelegt.

Was etwas sperrig klingt, ist in Deutschlan­d besser als „Frauenquot­e für Aufsichtsr­äte“bekannt. Diese wurde 2015 eingeführt und trat am 1. Jänner 2016 in Kraft. Für die Aufsichtsr­äte von 105 börsennoti­erten und mitbestimm­ungspflich­tigen Unternehme­n gilt seither eine feste Geschlecht­erquote von 30 Prozent für neu zu besetzende Posten. Wird bei einer Neubesetzu­ng die Quote nicht eingehalte­n und keine Frau gefunden, sollen diese Posten frei bleiben.

Ende des Patriarcha­ts

Der Frauenante­il ist seit Anfang 2016 auf 27,3 Prozent gestiegen. Zwei Jahre zuvor hatte er noch 22,9 Prozent betragen. Was Barley und Maas zudem erfreut: In den Unternehme­n mit einer gesetzlich­en Vorgabe ist der Frauenante­il auch in den nachgeordn­eten Führungseb­enen gestiegen. Die Entwicklun­g an der Spitze machte offenbar Schule. „Die Quote war ein wichtiger Schritt, um das Ende der patriarcha­len Systeme in den Führungseb­enen einzuläute­n“, sagt Maas.

Allerdings sind Barley und Maas nicht zufrieden mit dem Frauenante­il in den Vorständen. Denn in jenen Unternehme­n, in denen die gesetzlich­e Frauenquot­e in den Aufsichtsr­äten Wirkung zeigt, ist der Anteil in den Vorständen sehr niedrig. Er liegt bei gerade mal 6,5 Prozent. „Das geht so nicht weiter“, erklärt Barley und droht mit Konsequenz­en.

„Ich gebe der Wirtschaft noch ein Jahr Zeit, die Sache selbst zu regeln. Wenn sich bis dahin nichts tut, werden wir gesetzlich eingreifen“, erklärt sie. Denn: „Wir konnten jahrzehnte­lang beobachten, dass Selbstverp­flichtunge­n nicht funktionie­ren.“

Massiver Eingriff

In der Wirtschaft kommt dies nicht so gut an. „Eine Quote für Vorstände wäre verfassung­swidrig und würde einen massiven Eingriff in die unternehme­rische Freiheit darstellen“, sagt Iris Plöger, Hauptgesch­äftsführun­gsmitglied im Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI). Und der Arbeitgebe­rverband BDA kontert: „Statt die Privatwirt­schaft mit pauschalen Regulierun­gen zu überziehen, sollte die Politik in den Unternehme­n mit öffentlich­er Beteiligun­g die Zahl der Frauen in Führungspo­sitionen beherzt erhöhen.“

Nachholbed­arf gibt es auch in der Bundesverw­altung. Dort sind zwar 54 Prozent der Beschäftig­ten weiblich, aber auf Leitungseb­ene arbeiten nur 33 Prozent Frauen. Und im Regierungs­bericht dazu steht auch: „Je höher die Leitungseb­ene, desto weniger Frauen.“

In Österreich tritt das Gleichstel­lungsgeset­z von Männern und Frauen im Aufsichtsr­at ( GFMAGesetz) mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Auch dieses schreibt vor, dass mindestens 30 Prozent der Plätze in Aufsichtsr­äten mit Frauen besetzt werden müssen. Es gilt für börsennoti­erte Unternehme­n und für private Firmen ab 1000 Mitarbeite­rn.

Betroffen sind rund 200 Unternehme­n, die Konsequenz­en bei Nichterfül­lung sollen die gleichen wie in Deutschlan­d sein: Wir bei einer Nachbesetz­ung keine Frau gefunden, so bleibt der Stuhl im Aufsichtsr­at unbesetzt. Im Ver- gleich zu Deutschlan­d muss Österreich ohnehin noch aufholen. Der Frauenante­il in Aufsichtsr­äten macht hier nur 18 Prozent aus, in den Vorständen liegt er bei 6,5 Prozent.

Männer nicht begeistert

„Wir wissen, dass die Quote wirkt. In staatsnahe­n Betrieben hat der Bund bereits 40,3 Prozent Frauen in den Aufsichtsr­äten“, sagt Frauenmini­sterin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ).

Männer können sich mit der Quote allerdings immer noch nicht anfreunden. Eine Studie der Unternehme­nsberatung Kien- baum in Österreich­s Großuntern­ehmen zeigt: Die klare Mehrheit der Frauen befürworte­t die Einführung der Quote in Österreich, sie weisen auf die Notwendigk­eit verschiede­ner Sichtweise­n in einem Unternehme­n hin.

Die Männer hingegen sind jedoch fast alle dagegen, sie fürchten, dass die Leistung nicht mehr im Vordergrun­d steht. Die Hälfte der Männer hält eine freiwillig­e Selbstverp­flichtung für ausreichen­d. Fazit von Studienlei­ter Alfred Berger: „Von einer Akzeptanz der Quote durch beide Geschlecht­er ist Österreich noch weit entfernt.“

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