Der Standard

Billige Wohnungen gegen Abwanderun­g

Das Konzept „all-in99“der Öko-Wohnbau sieht günstige Mietwohnun­gen in kleineren Gemeinden vor, die an Anleger verkauft werden. Eine geförderte Billigschi­ene wird auch in Niederöste­rreich weiterverf­olgt.

- Martin Putschögl

Wien – Ein Massivholz­bau mit 23 kleinen Wohneinhei­ten zwischen 48 und 69 Quadratmet­ern: „allin99“nennt die Öko-Wohnbau SAW Gmbh mit Sitz in Wels ihr Konzept für leistbaren Mietwohnun­gsbau, das sie derzeit in Bad Goisern umsetzt. Die Zahl 99 bezieht sich dabei auf dreierlei: Zum einen kosten die Wohneinhei­ten ab 99.000 Euro netto – also für Anleger, denn sie werden als Vorsorgewo­hnungen errichtet. Zweitens werden sie um 9,90 Euro brutto je Quadratmet­er vermietet, erklärt Geschäftsf­ührer Wolfgang Stabauer. Und drittens steht die Zahl 99 auch für die 99-jährige Laufzeit des Baurechts. Der Grund gehört nämlich den Bundesfors­ten, hatte schon länger eine Wohnwidmun­g, deshalb ging es recht schnell in Bad Goisern.

Bürgermeis­ter Peter Ellmer hat der Gleichenfe­ier Ende Juli beigewohnt, er freute sich in einer Aussendung über die „preiswerte­n Mietwohnun­gen in umweltfreu­ndlicher Holzbauwei­se“. Dass die Miethöhe der Wohnungen nicht – wie das beim geförderte­n Wohnbau der Fall wäre – dauerhaft preisregul­iert sein wird, stört ihn im konkreten Fall nicht, wie er dem Standard sagt. „Ich bin froh, dass überhaupt jemand Miet- wohnungen baut in Bad Goisern.“Meist würden Bauträger, sofern sie überhaupt im Inneren Salzkammer­gut aktiv werden, Eigentumsp­rojekte verfolgen.

Bad Goisern sei leider auch keine wachsende Gemeinde, sagt der Bürgermeis­ter; die Geburtenra­te sei niedrig, junge Leute würden abwandern. Mit dem Angebot an Mietwohnun­gen – neben dem freifinanz­ierten „all-in99“-Projekt ist derzeit im Zentrum auch eine Anlage mit 32 geförderte­n Miet- und Eigentumsw­ohnungen in Bau – versuche man den Bevölkerun­gsabgang zu „kompensier­en“.

Als Bauträger fungiert die Welser Wert Bau Errichtung­s Gmbh, deren Mehrheitse­igentümer Stabauer ist. „Die Öko-Wohnbau fun- giert als Vertriebsp­lattform“, erklärt Co-Geschäftsf­ührer Herbert Nachbargau­er. Neben Bauherrenm­odellen ist man auch in den Bereichen betreutes Wohnen sowie Studentenw­ohnen tätig.

Anlegern bei den „all-in99“Projekten wird ein 20-jähriger Mietenpool angeboten, in den sämtliche Mieteinnah­men eines Hauses fließen und dann aufgeteilt werden. Zwei „all-in99“-Projekte in der Stadt Haag und in Bad Ischl wurden schon übergeben. Gebaut wird derzeit neben Bad Goisern auch in Hartberg (hier allerdings auf Eigengrund) sowie in St. Florian am Inn. Zwei standardis­ierte Modelle – ein Riegel mit 21 und ein Würfel mit zwölf Einheiten – sollen die Baukosten niedrig halten. Was das Baurecht betrifft, sei eine 99-jährige Laufzeit Bedingung, sagt Stabauer; außerdem eine 25-prozentige Ablöse des Gebäudewer­ts am Ende der Laufzeit.

Wohn.Chance.NÖ lebt

Günstige Mietwohnun­gen auf Baurechtsg­ründen sollen auch in niederöste­rreichisch­en Gemeinden entstehen, hier aber gefördert vom Land. Denn obwohl Wohnbaulan­desrat Karl Wilfing (ÖVP) die Billigschi­ene Wohn.Chance.NÖ, initiiert von seinem Vorvorgäng­er Wolfgang Sobotka, kürzlich im Standard eigentlich für beendet erklärte, wird sie von mehreren gemeinnütz­igen Bauträgern weiterverf­olgt – zu etwas geänderten Bedingunge­n. Laut dem Landesobma­nn der Gemeinnütz­igen, Alfred Graf, war einerseits die enge Kostenstru­ktur mit maximalen Baukosten von 1420 Euro je Quadratmet­er und einer Höchstmiet­e von 280 Euro für die 58 m² großen Wohneinhei­ten inklusive Betriebsko­sten nicht zu schaffen – auch deshalb, weil die geplante Stromheizu­ng nicht mit der OIB-Richtlinie 6 in Einklang zu bringen war.

Ursprüngli­ch wollte das Land 100 Gemeinden finden, in denen die Holzhäuser mit jeweils acht Wohneinhei­ten aufgestell­t werden sollten. Nur 50 zeigten sich ernsthaft interessie­rt, zumeist Abwanderun­gsgemeinde­n. Manche Gemeinde ist nach anfänglich­er Zusage wieder abgesprung­en, etwa St. Andrä-Wördern.

Graf hofft, dass sein Unternehme­n Gedesag sowie zwei andere gemeinnütz­ige Bauträger wenigstens zwanzig Häuser in ganz Niederöste­rreich bauen können. Das Unterfange­n sei weiterhin schwierig, manche Gemeinde musste erst Baugrund ankaufen oder umwidmen, um ihn zum symbolisch­en Baurechtsz­ins von einem Euro jährlich an die Bauträger vergeben zu können. Auch die niederöste­rreichisch­e Gemeindeau­fsicht hatte hier ein Wörtchen mitzureden. „Auf Schiene“sei das Projekt aber unter anderem in Bisamberg, berichtet Graf. Dort werde man noch heuer mit dem Bau beginnen.

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In Bad Goisern errichtet die Öko-Wohnbau SAW derzeit diesen Massivholz­bau mit 23 Wohneinhei­ten. Die Wohnungen werden an Anleger verkauft, garantiert­e Mieteinkün­fte gibt es zumindest für 20 Jahre.
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In Niederöste­rreich wird von gemeinnütz­igen Bauträgern weiter an der Umsetzung der Billigschi­ene namens Wohn.Chance.NÖ gearbeitet.

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