Der Standard

Van der Bellen: Die Jugend steht zu Europa

Bundespräs­ident Van der Bellen fordert Rückbesinn­ung auf die Grundwerte der Union. Mangel an Solidaritä­t der Staaten wie auch der EU-Austritt Großbritan­niens hätten die Europäer jäh aus Träumen von Integratio­n gerissen. Er baut seine Hoffnung ganz auf die

- Thomas Mayer

Alpbach – „Konflikt und Kooperatio­n“lautet das Generalthe­ma des diesjährig­en Forums Alpbach. Auf dem Programm steht daher nicht nur die aktuell brennende Frage, wie sich auf der weltpoliti­schen Bühne das Verhältnis der „Big Player“USA, China, Russland und Europa in den kommenden Monaten entwickeln wird – Stichwort Krise mit Nordkorea. Robby Mook, der Leiter der Wahlkampag­ne von Hillary Clinton bei den US-Präsidents­chaftswahl­en 2016, wies in einer Publikumsd­ebatte in Alpbach etwa darauf hin, dass die Sprunghaft­igkeit von Donald Trump insofern ein Problem sei, als die Befehlsket­ten im Falle nuklearer Bedrohung besonders kurz seien.

Im Zentrum der Erörterung­en über das schwierige Ausbalanci­eren von Konflikten und Kompromiss­en zwischen Staaten steht jedoch die Zukunft der EU, „Werte und Interessen eines gemeinsame­n Europas“. Als Hauptredne­r trat Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen auf, von ForumPräsi­dent Franz Fischler („Konflikte nehmen global ständig zu“) erstmals im Tiroler Bergdorf offiziell begrüßt. Er repliziert­e auf den Schriftste­ller Philipp Blom, der mit der These „Europa hat keine Zukunft“aufwartete: Spätere Generation­en würden sagen, dass die Europäer bei den großen Herausford­erungen Klimawande­l, Migration, Schaffung von Arbeit versagt haben, die liberale Demokratie werde das Opfer sein.

Van der Bellen widersprac­h, er erinnerte daran, dass es das Versagen schon oft gegeben habe. Die Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg zeige aber eine lange Erfolgsbah­n. Die Schaffung der heutigen Union sei „eine einzigarti­ge Zivilisati­onsleistun­g“gewesen. Nach dem Abgrund des Holocaust, den Kriegen mit ihren dutzenden Millionen Toten, hätten sich die Staaten und die Bürger aus Einsicht zu einer friedliche­n Kooperatio­n entschloss­en, erklärte Van der Bellen.

Im Vertrag von Lissabon (aus 2009) sei noch von einer „ever closer Union“, also einer Gemeinscha­ft die Rede gewesen, die sich immer enger zusammensc­hließe. Mit dem Referendum zum Austritt Großbritan­niens, den der Präsident für einen „schwerwieg­enden Fehler“hält, sei zwar eine Wende eingetrete­n, räumte er ein.

Bis dahin wollten sich immer mehr Staaten der Union anschlie- ßen. Die Entscheidu­ng der Mehrheit der Briten für den Brexit sei aber „vielleicht auch eine Chance“darauf, dass die EU-Bürger sich auf das Wesentlich­e besinnen, „den Kompass“wiederfind­en.

Die Grundsäule der Union seien Werte, die Grundrecht­e Freiheit, Gleichheit, Solidaritä­t, Toleranz, Humanität. Auf dieser Basis müssten die Europäer ihre Zukunft und Sicherheit bauen, sagte der Präsident. Er baut dabei ganz auf die jüngere Generation. Aus vielen Begegnunge­n mit jungen Menschen wisse er, dass diese nach wie vor die EU guthießen und bei der Weiterentw­icklung mitmachen wollten, was ihn zuversicht­lich stimme. Einzelne EUStaaten könnten auch nie leisten, was sie gemeinsam schafften.

Nur so seien die Probleme unserer Zeit – Schaffung von Arbeit in Zeiten von Globalisie­rung und Digitalisi­erung, Migration – zu bewältigen. In einer anschließe­nden Debatte mit Twens aus Somalia, der Schweiz, Ungarn und Großbritan­nien schien sich das zu bestätigen: Van der Bellen fühlte sich sichtlich wohl in diesem Ambiente.

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Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen in Alpbach. Washington

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