Kampf in Houston, New Orleans rüstet sich
Während die Lage in Texas chaotisch bleibt und von einem Versagen der Infrastruktur gesprochen wird, traf Sturm Harvey in Louisiana wieder auf Land. New Orleans, 2005 von Katrina verwüstet, macht sich bereit.
New Orleans / Houston / Wien – Der Regen lässt in Texas nicht nach. Notquartiere sind überflutet, ein Damm brach, ein anderer in Houston lief über. Als wäre das nicht schon genug, könnten hunderte Alligatoren eines nördlich von Houston gelegenen Tierparks aufgrund der Überschwemmungen ausbrechen. „Wir wissen nicht, was wir tun sollen“, sagte Parkchef Gary Saurage dem TV-Sender KFDM. Und schließlich wurde in der Metropole auch noch eine nächtliche Ausgangssperre verhängt – aus Angst vor Plünderungen.
Was die genaue Zahl der Todesfälle in Texas betrifft, herrschte Unklarheit. Die New York Times berichtete von etwa 30 Toten durch Tropensturm Harvey. Laut CNN wurden mindestens elf Tote bestätigt. Darunter befand sich ein Polizist aus Houston, der am Sonntag auf dem Weg zur Arbeit von den Fluten erfasst worden sei.
„Wenn die Straßen in Texas erst einmal wieder passierbar sind, erwarte ich einen signifikanten Anstieg der Todeszahlen“, sagte ein Gerichtsmediziner der New York Times. Klarheit dürfte aber erst herrschen, wenn die Fluten zurückgegangen sind und die Bergungstrupps Zugang zu den überfluteten Häusern bekommen.
Der österreichische Honorarkonsul in Houston, Gerald Seidl, beschrieb dem STANDARD in einer Mail die chaotischen Zustände vor Ort. „Da die Flüsse, die durch Hochwasser-Rückhaltebecken gespeist werden, kein weiteres Wasser aufnehmen können, geht die Überflutung momentan noch immer kaum zurück.“Seidl, der mit seiner Frau mit einem Rettungsboot aus seinem überfluteten Haus geholt wurde, hielt es aufgrund der eigenen Eindrücke für kein Wunder, dass man im Radio immer wieder von einem „Versagen der Infrastruktur“sprach.
Laut Behörden sind in Houston zwischen 30.000 und 40.000 Häuser überschwemmt. „Es könnten mehr sein, aber das wissen wir erst, wenn wir in die betroffenen Nachbarschaften kommen“, sagte Ed Emmett, als „County Judge“Regierungschef des Houston umschließenden Landkreises Harris County, in einem TV-Interview. Viele Spenden seien bereits eingetroffen, und Freiwillige würden helfen, so gut sie nur könnten, so Emmett, trotzdem „liegen sehr schwierige Monate und vielleicht sogar Jahre vor uns“.
In der Stadt Pearland im Südosten von Houston wurden seit Freitag laut nationalem Wetterdienst insgesamt Niederschlagsmengen von 125 Zentimetern gemessen. Das markiere einen Rekord bei einem Tropensturm in den USA: Im Jahr 1978 waren demnach beim Sturm Amelia 124 Zentimeter gemessen worden.
Zahl der Boote verdoppelt
In der Zwischenzeit ist Tropensturm Harvey Mittwochfrüh Ortszeit zum zweiten Mal auf Land getroffen. New Orleans, das bereits 2005 von Wirbelsturm Katrina verwüstet wurde, rüstet sich für die erwarteten katastrophalen Regenfälle.
CNN zufolge hat der Bundesstaat Louisiana die Zahl seiner Rettungsboote und der einsatzbereiten Hubschrauber verdoppelt. Sorgen bereitete eine bisher nicht funktionierende Großpumpe im Abwassersystem der Stadt, die dem Bürgermeister zufolge aber inzwischen von Experten repariert worden ist. Derzeit seien 107 der insgesamt 120 Pumpen in New Orleans im Einsatz.
Bei einem Besuch am Dienstag in Texas bezeichnete US-Präsident Donald Trump die Ausmaße von Harvey als „historisch“. Gleichzeitig sprach er den Betroffenen Mut zu: „Aber wisst ihr was: Das ist in Texas passiert. Und Texas wird mit allem fertig.“Trump versprach eine beispielhafte Hochwasserhilfe: „Wir wollen das besser machen als je zuvor.“Zusammen mit dem Kongress will er ein Rettungspaket schnüren.
Trump, der für Texas und Louisiana den Katastrophenfall ausgerufen hat, hatte die stark getroffene Stadt Corpus Christi besucht und sich dort unter anderem mit dem republikanischen Gouverneur von Texas, Greg Abbott, beraten. Ein Besuch in Houston war nicht geplant. (red, Reuters, AFP)