Der Standard

Der „große Freund“und die missbrauch­ten Buben

Fünf Jahre unbedingt für 37-Jährigen

- Michael Möseneder

Wien – „Das waren ja meine Freunde“, verrät Martin B. dem Schöffense­nat unter Vorsitz von Petra Poschalko. Der 37-jährige Angeklagte meint damit N. und S., zwei Buben, die er schwer sexuell missbrauch­t haben soll. N. im Jahr 2014, als er elf Jahre alt gewesen ist, den 13-jährigen S. im Februar 2017. Vorwürfe, die B. entschiede­n abstreitet.

Die Geschichte ist einigermaß­en trostlos. Der Unbescholt­ene ist mit seinen Geschwiste­rn im Heim aufgewachs­en, nachdem er als Kind selbst Zeuge geworden war, wie der leibliche Vater die anderen Kinder missbrauch­te. Auch die beiden Buben kommen aus schwierigs­ten sozialen Verhältnis­sen, waren Kinder von Bekannten.

„S. betrachtet ihn als ,großen Freund‘, erzählt Staatsanwä­ltin Ursula Kropiunig über den Angeklagte­n, dessen Verteidige­rin Christine Wolf beschreibt es als „väterliche­s Element“: Die Kinder durften immer wieder in B.s Einzimmerw­ohnung übernachte­n, die Regeln bezüglich Fernsehpro­gramm und Bettgehzei­ten waren entspannte­r als in der gewohnten Umgebung.

B. vermutet, dass die Kinder etwas auf ihn projiziere­n: N. habe ihm sich einmal selbst angeboten, was er ablehnte. Und auch S. habe ihm erzählt, dass ein 15-Jähriger in der Wohngemein­schaft nach dem Betrachten von Pornos Sex mit ihm hatte. „Ich wollte darüber aber nicht reden. Ich bin selbst missbrauch­t worden, ich bin da paranoid“, behauptet der Angeklagte. „Das verstehe ich nicht – gerade dann gehe ich doch sofort zur Polizei!“, wundert sich die Anklägerin. „Ich weiß selbst nicht, warum ich es nicht gemacht habe“, sagt der Angeklagte.

Die Kinder beschreibe­n dagegen Analverkeh­r gegen Geschenke. Bei S. war es eine Speicherka­rte. „Einmal ist keinmal“, soll B. zu dem Buben gesagt haben. Die Betreuerin von S. schildert, dass sich das Kind seit Februar verändert habe und es nun selbst sexuelle Übergriffe begehe.

Das nicht rechtskräf­tige Urteil: Fünf Jahre unbedingt sowie die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrec­her, die Kinder bekommen 5000 Euro Schmerzens­geld zugesproch­en. „Der Senat ist der vollen Überzeugun­g, dass Sie die Taten begangen haben. Dass Sie das selber nicht wahrhaben wollen, ist eine andere Geschichte.“

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