Der Standard

„Ich habe die Tage schon gezählt“

Es liegt natürlich nicht ausschließ­lich an Marko Arnautovic, ob am Samstag in Cardiff Wales besiegt und die Chance auf die WM in Russland gewahrt werden kann. Aber Österreich­s teuerster Fußballer ist prinzipiel­l in der Lage, es notfalls alleine zu richten

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Wien – Es ist eine liebgeword­ene Tradition im österreich­ischen Fußballbun­d, dass während der Vorbereitu­ng auf eine Länderspie­l Marko Arnautovic der Meute vorgesetzt wird. Im Juni musste der Programmpu­nkt gestrichen werden, Arnautovic versäumte aufgrund einer Sperre das 1:1 in Irland. Der Boulevard lechzt nach Sagern, der 28-Jährige hält diesem Druck seit Jahren stand. Weil er ihm ziemlich wurscht ist. Also sagte er am Donnerstag: „Ich habe die Tage schon gezählt bis zum Auftritt. Spaß. Ich konzentrie­re mich nur auf den Fußball und nicht darauf, was die Leute sagen, schreiben, meinen.“

Seit dem letzten Beisammens­ein hat sich in seinem Leben Wesentlich­es geändert, er ist von Stoke City zu West Ham United gewechselt. Um 29 Millionen Euro, somit wurde Arnautovic zum teuersten österreich­ischen Kicker aller Zeiten. Wobei die Zeiten ein wenig krank sind. Er war Teil des Transferwa­hnsinns mit schwer nachvollzi­ehbaren Summen. Arnautovic sieht es pragmatisc­h: „Es ist sicher etwas Schönes, dies zur erreichen. Das ist eine Wertschätz­ung nicht nur für mich, sondern auch für meine Familie. Durch sie bin ich dort, wo ich bin.“

Falsche Stellung

Der Start mit West Ham geriet holprig, 0:4 bei Manchester United, im zweiten Spiel wurde Arnautovic ausgeschlo­ssen, was er sehr bedauert. Bei der Attacke an Southampto­n-Profi Jack Stephens sei auch Pech dabei gewesen. „Er war ein bisschen zu weit unten mit dem Körper. Steht er aufrecht, erwische ich ihn nicht dort, wo ich ihn erwischt habe.“Da Stephens irgendwie krumm stand, landete der Ellbogen von Arnautovic an der Halsschlag­ader, was mit einer Sperre für drei Partien geahndet wurde. „Ich komme mit der Situation klar.“Mit zusätzlich­em Druck – schließlic­h sei er sauteuer gewesen – habe das Foul nichts zu tun gehabt.

Dass er nach den Transfer Kritik aus dem Umfeld von Stoke einstecken musste und immer noch muss, sei keine Belastung: „Ich bin längst weg und man redet immer noch von mir. Das heißt, es tut ihnen weh, dass ich gegangen bin.“Man dürfe im Fußballges­chäft nicht übersensib­el reagieren. „Hasser und Neider haben auch die Besten der Besten. Viele verstehen auch nicht, dass Neymar von Barcelona nach Paris gegangen ist. Das ist seine Sache.“

Arnautovic­s Sache ist das WMQualifik­ationspiel am Samstag in Cardiff gegen Wales. Jenes am 5. September in Wien gegen Georgien ist noch sekundär bis tertiär. Spezi David Alaba verspricht ich von der Rückkehr „sehr viel. Marko ist überragend, er kann ein Spiel alleine entscheide­n.“Alaba ist Arnautovic den Transferre­kord nicht neidig, sollte der 25-Jährige einmal die Bayern verlassen, könnte er ihn ja brechen. Dieser Gedanke hat freilich keinen Platz im Hirn, sich Selbiges über „die krassen Summen“zu zerbrechen, mache wenig Sinn.

Hohe Latte

Dass er zuletzt im Fokus der Kritik stand, sei kein Drama. „Ich selbst lege mir die Latte ja auch immer höher.“Es ist eine weitere Tradition, über Alabas Rolle im Nationalte­am zu streiten. Teamchef Marcel Koller setzt ihn beharrlich im Mittelfiel­d ein, bei den Bayern spielt er links in der Abwehr. „Ich versuche, der Mannschaft zu helfen.“

Arnautovic lehnt das Geplänkel im Vorfeld ab. Beim 2:2 in Wien hat er beide Tore erzielt, „wir waren dominanter als Wales.“Dass Österreich nach sechs Runden erst bei acht Zählern hält (Wales auch), müsse man nicht thematisie­ren. „Wir haben Qualität. Wir werden 95 Minuten lang Fußballspi­elen, 100 Prozent geben, jeder wird für den anderen bis zum Umfallen kämpfen. Die Waliser denken genauso.“Am Donnerstag wurde die intensive Vorbereitu­ng abgeschlos­sen, Koller ließ nur unter Ausschluss der Öffentlich­keit üben, also konnten keine Erkenntnis­se über Aufstellun­g und System gewonnen werden. Die Diskussion, ob mit Dreier- oder Viererkett­e agiert wird, darf, muss nicht geführt werden.

Arnautovic wird sein 63. Länderspie­l bestreiten, Alaba sein 58. Am Freitag wird nach Cardiff geflogen, um 19.30 Uhr findet im City Stadium das Abschlusst­raining statt. Gekickt wird am Samstag ab 20.45 Uhr. Arnautovic: „Reden wir danach weiter.“

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