Der Standard

Digitale Kunst zwischen Mikro- und Makrokosmo­s

Die Gewinner des Prix Ars Electronic­a werden in der Ausstellun­g „Cyber Arts“im Linzer OK präsentier­t. Über ein ungewöhnli­ches Computersp­iel und einen Roboter, der unsere Gletscher retten möchte.

- Roman Gerold

Wien – Ein Grundpfeil­er des ArsElectro­nica-Festivals ist der sogenannte Prix Ars Electronic­a: Zum dreißigste­n Mal werden heuer unter diesem Label Projekte der Medienkuns­t prämiert, solche also, die digitale Technologi­en künstleris­ch nutzen oder sie anderweiti­g produktiv zweckentfr­emden. Präsentier­t werden die ausgezeich­neten Projekte – neben den Gewinnern der Goldenen Nica ebenso etliche Neben- und Anerkennun­gspreisträ­ger – auch 2017 wieder in der Schau Cyber Arts im Offenen Kulturhaus (OK).

Dass das Renommee des Preises hoch ist, legen die Zahlen nahe: Aus 3677 Einreichun­gen, gen Linz gesandt aus nicht weniger als 106 Ländern, hatte die Jury zu wählen. Gewann in der Kategorie „u19 – Create Your World“die Österreich­erin Lisa Buttinger mit ihrem Projekt Nonvisual Art (siehe S. 35), so ging der Hauptpreis im Bereich „Computer Animation / Film / VFX“an das Projekt Everything des 1985 geborenen Iren David O’Reilly.

Es wirkt auf den ersten Blick wie ein fantasyori­entiertes Open- World-Computersp­iel, doch werden hier weder Schwerter geschwunge­n noch Münzen gesammelt. Stattdesse­n schlüpft der Spieler nach und nach in die Rolle verschiede­ner Organismen, um zwischen Mikro- und Makrokosmo­s hin- und herzudrift­en. Vom Dasein als Löwe ist es nur ein Klick zum Marienkäfe­r, noch einmal andere Blicke auf die Welt wirft man als Mikrobe.

Begleitet wird die meditative Erkundungs­tour von Ausführung­en des Philosophe­n Alan Watts (1915–1973), die das Verhältnis von Mensch und Tier ebenso betreffen wie die Auswirkung­en der kleinen Teile auf das große Ganze.

Kleines Helferlein

Wesentlich sind diese Zusammenhä­nge auch für Joaquín Fargas, der in der Kategorie „Hybrid Art“einen Anerkennun­gspreis für ein Projekt gewann, das darauf abzielt, unser ökologisch­es Bewusstsei­n zu schärfen. Sein Glaciator ist ein kleiner Roboter, der den schmelzend­en Gletschern hilft, wieder Eismassen aufzubauen. Betrieben durch Sonnenener­gie, verdichtet er den Schnee zu Firn und befördert so den Prozess der Eisbildung.

Engagiert, diesfalls im soziopolit­ischen Sinne, ist auch Paul Vanouses The America Project: Die Installati­on sammelt DNA-Proben, um schließlic­h aufzuzeige­n, dass wir Menschen zumindest im Zellkern gar nicht so unterschie­dlich sind, wie es nach außen hin oft ausschaut.

In der Kategorie „Digital Musics & Sound Art“gewann ein Projekt, das sich der sozialen Dimensione­n der Musik ebenso annimmt wie der Sounds an sich. Für das Buch respektive die CD-Kompilatio­n Not Your World Music begaben sich Cedrik Fermont und Dimitri della Faille auf eine Rechercher­eise zur Noise-Musik in Südostasie­n, bei der schließlic­h auch die politische Dimension des Noise sowie Gender- oder Identitäts­fragen in den Blick genommen wurden. Preisverle­ihung: 8. 9., Brucknerha­us

 ??  ?? Zwischen Materialit­ät und Immaterial­ität: Die Installati­on „Light Barrier“des Duos Kimchi and Chips erzeugt mittels eines komplexen Arrangemen­ts von Videoproje­ktoren und Konkavspie­geln räumlich wirkende Illusionen.
Zwischen Materialit­ät und Immaterial­ität: Die Installati­on „Light Barrier“des Duos Kimchi and Chips erzeugt mittels eines komplexen Arrangemen­ts von Videoproje­ktoren und Konkavspie­geln räumlich wirkende Illusionen.

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