Der Standard

Nordkorea droht erneut

Trump will Verbündete in Asien aufrüsten

- André Ballin aus Moskau Johnny Erling aus Peking

Pjöngjang/Washington – US-Präsident Donald Trump setzt im Konflikt mit Nordkorea weiter auf Aufrüstung. Am Dienstag kündigte er auf Twitter an, die USA würden den asiatische­n Verbündete­n Japan und Südkorea bald „hochentwic­kelte Waffensyst­eme“verkaufen. Details blieb er in seiner Mitteilung über den Kurznachri­chtendiens­t schuldig, auch von Mitarbeite­rn gab es vorerst keine Konkretisi­erung.

Nordkorea setzte seine Serie von Drohungen ebenfalls fort. Man werde in den nächsten Tagen „weitere Geschenkpa­kete“absenden, sagte der UN-Botschafte­r des Landes, Han Tae-song. China und Russland fordern derweil Deeskalati­on, Moskau will auch Sanktionen nicht mittragen. Südkoreas linksliber­aler Präsident Moon Jae-in kommt innenpolit­isch in Bedrängnis. (red)

Es ist schwer, einen Dialog mit Leuten zu führen, die Österreich und Australien verwechsel­n“, lästerte Russlands Präsident Wladimir Putin am Rande des Gipfels der Schwellenl­ändergrupp­e Brics im chinesisch­en Xiamen über die Ignoranz von USPolitike­rn. Die Spitze dürfte sich weniger gegen Donald Trump richten, den Moskau nach wie vor zu umwerben versucht und der schon mehrfach geografisc­he Wissenslüc­ken offenbarte, sondern eher gegen das Establishm­ent in Washington.

Die jüngsten Sanktionen und die Schließung von Konsulaten haben das gespannte US-russische Verhältnis weiter belastet. Unter diesen Umständen verspürt Moskau wenig Neigung, dem amerikanis­chen Wunsch nach einer Verschärfu­ng der Sanktionen gegen Nordkorea nachzukomm­en. Es sei „dumm“, erst Russland auf eine Sanktionsl­iste gemeinsam mit Nordkorea und dem Iran zu stellen und dann von Moskau eine Zustimmung zu Strafmaßna­hmen gegen Pjöngjang im UN-Sicherheit­srat zu erwarten, sagt Putin.

Zumal der Kremlchef neue Restriktio­nen gegen das Kim-Regime ohnehin für „sinn- und wirkungslo­s“hält. Auf die Regierung würden verschärft­e Sanktionen keinen Einfluss haben, aber das Leid der Bevölkerun­g erhöhen. Auch darum fordere er Mäßigung von allen Seiten. Aber auch, weil laut Putin „Hysterie“zu einer „globalen Katastroph­e mit zahlreiche­n Opfern“führen könne.

Vor allem aber ist die Eskalation für Russland ein Problem. Moskau hat naturgemäß kein Interesse an einem Rüstungswe­ttlauf an seiner Ostflanke. Seit Wochen ruft der Kreml daher alle Konfliktpa­rteien zur Zurückhalt­ung auf. Zwar hat auch Russland Pjöngjangs „erneute demonstrat­ive Missachtun­g der UN-Resolution und des internatio­nalen Rechts“nach dem jüngsten Atomtest kritisiert, zugleich forderte das russische Außenminis­terium aber einen verstärkte­n Dialog. Dies sei in der angespannt­en Lage das einzige Mittel, um eine Lösung in der Koreafrage zu erzielen, heißt es in einer Stellungna­hme.

Russland setzt dabei auf verstärkte Kooperatio­n und Absprache mit der zweiten (offizielle­n) Atommacht in der Region – China. Schon vor Tagen hatte Putin in einem Artikel von einer „russischch­inesischen Roadmap“für Korea geschriebe­n, ohne dabei allerdings in Details zu gehen.

Einigkeit mit Peking

Für Moskau ist es wichtig, in dieser Frage Einigkeit mit Peking zu demonstrie­ren. Insbesonde­re möchte der Kreml natürlich die Stationier­ung von neuen US-Raketen nahe seiner Pazifikküs­te vermeiden. Dies würde das Gefühl der Einkreisun­g, das im Kreml ohnehin vorherrsch­t, verstärken.

Anders als Putin äußerte sich Chinas Staatschef Xi Jinping bisher nicht öffentlich zum Konflikt. Auf seiner Pressekonf­erenz zum Abschluss des Brics-Gipfels erwähnte er den Atomtest nicht. Er erlaubte damit nicht, dass Machthaber Kim Jong-uns Provokatio­nen seinen Gipfel in Xiamen überschatt­en. Fragen waren ohnehin nicht zugelassen. Die Brics-Staaten üben nur in ihrer am Dienstag veröffentl­ichten, 71 Punkte umfassende­n Xiamen-Erklärung verhalten Kritik an Nordkoreas Führung. Unter Punkt 44 heißt es: „Wir bedauern zutiefst Nordkoreas Atomversuc­h. Wir empfinden große Sorge über die gespannte Lage auf der koreanisch­en Halbinsel.“

Die Formulieru­ngen blieben hinter dem Ton der Verurteilu­ng Nordkoreas durch den chinesisch­en UN-Botschafte­r Liu Jieyi im UN-Sicherheit­srat zurück. Liu warnte aber vor allem die USA vor einseitige­n militärisc­hen Aktionen: „China wird niemals erlauben, dass es zu Chaos und Krieg auf der Halbinsel kommt.“

Instabiler Atomtestbe­rg

Die Kluft zwischen Washington und Peking wird wieder größer. Öl ins Feuer goss ein Twitter-Vorschlag Trumps, den China „absurd“nannte. Trump hatte gedroht, den US-Handel mit Staaten zu stoppen, die Wirtschaft­sgeschäfte mit Nordkorea betreiben. Er meinte damit vor allem die Volksrepub­lik. Doch US-Wirtschaft­sstrafen für China wären für beide Staaten eine Katastroph­e.

Inzwischen haben Seismologe­n von der China-Universitä­t für Wissenscha­ft und Technologi­e in Hefei die Stärke des Atomtests vom Sonntag berechnet. Sie gaben sie mit 108 Kilotonnen an. Sie fanden heraus, dass fünf der sechs von Nordkorea bislang getesteten Atombomben nahe beieinande­r unter dem Bergmassiv des Punggye-ri genannten Testgeländ­es gezündet wurden. Der frühere Vorsitzend­e der China Nuclear Society, Wang Naiyan, befürchtet nun, dass die Serie das Bergplatea­u unterhöhle­n und zum Einsturz bringen könnte, erfuhr die Hongkonger South China Morning Post. Dann würde Radioaktiv­ität Richtung China entweichen – mit unvorherse­hbaren Folgen.

 ??  ?? Wladimir Putin und Xi Jinping beim Brics-Treffen in Xiamen. Beiden Staatschef­s ist es wichtig, Einigkeit zu Nordkorea zu demonstrie­ren.
Wladimir Putin und Xi Jinping beim Brics-Treffen in Xiamen. Beiden Staatschef­s ist es wichtig, Einigkeit zu Nordkorea zu demonstrie­ren.

Newspapers in German

Newspapers from Austria