Soziale Stadtspaziergänge von unten nach oben
Straßenzeitungsverkäufer führt durch die Lebensstationen aus der Armut in Salzburg
Salzburg – Georg Aigner ist 48 Jahre alt. Zehn Jahre davon ist der Salzburger im Gefängnis gesessen. Davor war er obdachlos und Alkoholiker. Seit zehn Jahren ist Aigner nun Verkäufer der Salzburger Straßenzeitung Apropos. Seither ist er trocken, verheiratet und lebt mit seiner Frau in einer 35-Quadratmeter-Wohnung.
Der Straßenzeitungsverkäufer hat die Spur wiedergefunden. Wie er das geschafft hat, zeigt Aigner nun Interessierten bei ganz persönlichen Stadtspaziergängen durch Salzburg. Im Zentrum der Stadtführungen stehen die Hochs und Tiefs im Leben des 48-Jährigen sowie die Einrichtungen, die ihn auf dem Weg begleitet haben.
„Als Obdachloser landet man am Bahnhof“, erzählt Georg Aigner. Bei der Tour „Überleben“zeigt der Neo-Stadtführer, wo arme Menschen übernachten, wie sie an Geld kommen und wo sie günstig Lebensmittel einkaufen.
Wenig Geld und viel Zeit sind die Hauptzutaten eines Lebens in Armut. Beim Spaziergang „Spurwechsel“im Stadtteil Schallmoos führt Georg Aigner zu Einrichtungen, wo viele Mindestsicherungsbezieher und Obdachlose ihren Tag verbringen. Der Saftladen ist mehr als eine Wärmestube. In der Tages aufenthalts einrichtung des Vereins Neustart gibt es Essen, Kaffee, Duschen, Waschmaschinen und Trockner.
„Einsamkeit ist ein Thema. Es kommen viele, um zu reden und Kontakte zu pflegen“, sagt Georg Aigner. Sozialarbeiter sind immer vor Ort, schlichten Streit, helfen bei Bürokratie oder hören einfach nur zu. Im Saftladen hat Aigner auch seine Frau kennengelernt. „Es war sehr wichtig für sie, wie ich im Gefängnis war, sonst wäre sie tausendmal verzweifelt. Den Existenzkampf haben auch die Leute, die draußen warten“, sagt der Zeitungsverkäufer.
Weitere Stationen sind die Spielsucht beratung, die seiner Frau geholfen habe, vom Automatenglücksspiel weg zukommen, das Restaurant Schmankerl, das Langzeit arbeitslose wieder in den Arbeits rhythmus bringt, und der Verlag der Straßen zeitung Apropos. Der Verkauf der Zeitungen war für Georg Aigner der Anker, um wieder Fuß zu fassen: „Jeder kann schnell betroffen werden. Es müsste mehr Einrichtungen geben, die einem raushelfen.“
Seit 20 Jahren ist die Straßenzeitung Apropos eine dieser Einrichtungen. Drei verschiedene Stadtspazi er gänge mit GeorgAignerw erden angeboten. Ab vier Teilnehmern finden sie statt.