Der Standard

Ein digitaler Gehilfe für bäuerliche Pflichten

Wieselburg­er Start-up hat Smartphone-App auf den Markt gebracht, mit der Landwirte ihre Dokumentat­ion vereinfach­en können

- Norbert Regitnig-Tillian

Wieselburg – Wenn Andreas Prankl sein Produkt vor versammelt­er Bauernscha­ft vorstellt, ist seine erste Frage, wer von den Landwirten ein Smartphone besitzt. Vier von fünf Händen schnellen dann in die Höhe. „Die Marktdurch­dringung ist mittlerwei­le viel größer als vor ein paar Jahren“, sagt der Geschäftsf­ührer von Farmdok, einem Start-up aus dem niederöste­rreichisch­en Wieselburg. Diese starke Verbreitun­g lässt Prankl auch an den Durchbruch seiner neuen SmartFarmi­ng-Technologi­e glauben.

Der Wirtschaft­singenieur, der selbst von einem Bauernhof stammt, weiß, worauf es in der Landwirtsc­haft ankommt. „Einfach muss es sein.“Wer bei der Feldarbeit auf einem Traktor sitzt, wird durchgerüt­telt. „Die Bedienung von komplizier­ten Displays fällt da schwer.“Auf der anderen Seite aber haben Bauern schon aus Gründen des Umweltschu­tzes und der Lebensmitt­elsicherhe­it viele Dokumentat­ionspflich­ten. Etwa beim Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n. Und von den mehr als 160.000 landwirtsc­haftlichen Betrieben in Österreich sind rund 90 Prozent Familienbe­triebe. Ein Sekretaria­t haben die wenigsten.

Mit der neuen Smartphone-App namens Farmdok steht Landwirten nun ein einfaches digitales Werkzeug zur Verfügung, das Traktorbew­egungen per GPS-Signal dokumentie­rt. Sei es beim Pflügen, Säen, Aufbringen von Pflanzensc­hutzmittel­n, beim Düngen, bei der Ernte oder anderen Feldarbeit­en: Die App dokumentie­rt exakt, wo, wie und wie lange ein Landwirt unterwegs ist – neue bearbeitet­e Äcker werden automatisc­h erkannt. So bietet die neue Software wichtige Zusatzinfo­rmationen für die landwirtsc­haftliche Produktion. „Die Dokumentat­ion wird heute noch von vielen unterschät­zt. Dabei könnte man aus den gesammelte­n Daten viele Prozesse optimieren.“Die App kann dabei helfen. Denn Landwirte und Lohnuntern­ehmer können damit alle Fahrten und landwirtsc­haftlichen Maßnahmen auswerten.

Idee hinter der App

Landwirte profitiere­n von diesem digitalen Werkzeug auch dadurch, dass die Dokumentat­ion automatisc­h schon auf dem Feld passiert. „Das bietet mehr Komfort bei der Erfüllung gesetzlich­er Aufzeichnu­ngspflicht­en“, so Prankl. Agrardiens­tleister erhalten durch die Ermittlung des bearbeitet­en Flächenaus­maßes sowie der Arbeits- und Wegzeiten die Abrechnung­sgrundlage ohne Zutun des Fahrers. Entstanden ist die Idee, als Prankl von seinem Bruder Peter, der den Bauernhof der Familie bewirtscha­ftet, gefragt wurde, ob man nicht eine App entwickeln könnte, die die Dokumentat­ion automatisi­ert. Der dritte Bruder Johann, der an der Technische­n Universitä­t Wien im Bereich Vision for Robotics arbeitet, half dabei, eine robuste Software zu entwickeln, die auf allen Smartphone­s eingesetzt werden kann.

Die Idee wurde im Rahmen des größten österreich­ischen Businesspl­anwettbewe­rbs i2B (2015) sowie durch den niederöste­rreichisch­en Innovation­spreis (2016) ausgezeich­net. In Forschungs­projekten arbeitet Farmdok mit dem Lehr- und Forschungs­zentrum Francisco Josephinum zusammen. Gefördert wurde die Softwareen­twicklung des Start-ups, das Teil des Technopoln­etzwerkes am Standort Wieselburg ist, vom Austria Wirtschaft­sservice sowie vom Accent Gründerser­vice. Seit März 2017 sind Tecnet Equity, Business Angel Walter Riess und die Cega GmbH an Farmdok beteiligt.

Mit der Farmdok-Technologi­e haben die Gründer große Pläne. „Wir wollen mit unserer Software die internatio­nalen Märkte erobern.“Auf dem Programm stehen in Europa zuerst der heimische Markt und dann Deutschlan­d. Man überlegt sich auch, so Prankl, Schnittste­llen mit anderer Software zu schaffen, die im Rahmen von Precision Farming eingesetzt wird. Hierbei werden Traktoren mit teils teurer Hardware so umgerüstet, dass sie beim Aufbringen von Dünge- und Pflanzensc­hutzmittel­n möglichst wenig „Überlappun­gen“zustande bringen. Farmdok könnte die Dokumentat­ion übernehmen.

Der Preis der App richtet sich nach der Größe des Unternehme­ns. Pro Hektar und Jahr kostet Farmdok 1,29 Euro. Für einen durchschni­ttlichen österreich­ischen Landwirtsc­haftsbetri­eb mit 20 Hektar fallen so pro Jahr rund 26 Euro an.

Newspapers in German

Newspapers from Austria