„Web-Werbering gegen Google, Facebook“
Josef Cap will dem ORF Online-Werbevermarktung mit Zeitungen und anderen Anbietern ermöglichen. Vorerst arbeitet der langjährige Mediensprecher der SPÖ aber an seinem Wiedereinzug in den Nationalrat.
– Josef Cap machte schon SPÖ-Medienpolitik als Parteimanager, Mediensprecher, Klubobmann, da gab es noch lange keine Privatsender. Besonders achtete er auf den ORF, auch auf ORFChef Alexander Wrabetz, der 1983 den Vorzugsstimmenwahlkampf des damaligen Revoluzzers Cap für den Nationalrat organisierte.
Nun führt Cap (65) mangels sicheren Listenplatzes wieder einen Vorzugsstimmenwahlkampf im Wahlkreis Wien-Nord-West. Bei den Medientagen (21. September) diskutiert er noch für die SPÖ mit den Mediensprechern der Parlamentsparteien, Wrabetz und Ernst Swoboda (Privatsenderverband). Hier beantwortet er den Medienpolitik-Fragebogen des STANDARD:
STANDARD: Braucht es noch gebührenfinanzierten österreichischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Cap: Mehr denn je, denn der kleine österreichische Medienstandort wird gerade in die Zange genommen und droht Eigenständigkeit und Identität zu verlieren. Im TV dominieren deutsche Medienriesen und ihre Werbefenster, online die amerikanischen Medienriesen Google, Facebook und Co. Will man die Eigenständigkeit des heimischen Medienmarktes absichern, leistet der ORF einen entscheidenden Beitrag.
STANDARD: Was halten Sie von der Idee, ORF 1 und/oder Ö3 abzuspalten und zu verkaufen?
Cap: Die Zerschlagung des ORF wäre ein schwerer standortpolitischer Fehler. Öffentlich-rechtliche Medien müssen das gesamte Publikum erreichen, das jüngere genauso wie das ältere. Der ORF ist im Vergleich zu anderen Öffentlich-Rechtlichen auch beim jungen Publikum gut aufgestellt. Aber selbstverständlich gibt es vor allem in ORF 1 Weiterentwicklungsbedarf. Eigenproduktionen müssen ausgebaut, zugekaufte Filme und Serien reduziert werden. STANDARD: Wäre statt der GIS eine ORF-Haushaltsabgabe sinnvoll? Cap: Mittelfristig ist eine Weiterentwicklung des derzeitigen Gebührensystems sinnvoll, um der neuen Medienrealität Rechnung zu tragen. Wichtig ist, dass die Finanzierung des ORF nicht aus dem Staatsbudget erfolgt, da dadurch die Unabhängigkeit beeinträchtigt würde. Bei der Frage, ob es eine Weiterentwicklung des derzeitigen Gebührensystems oder eine der Formen der Haushaltsabgabe ist, sollte man die internationalen Erfahrungen mit diesen Modellen prüfen. Allfällige Änderungen müssen bei diesem sensiblen Thema in einem breiten gesellschaftlichen Konsens erfolgen.
STANDARD: Soll man die ORFGremien verkleinern? Cap: Die derzeitige, gesellschaftlich repräsentative Zusammensetzung des Stiftungs- und des Publikumsrates hat sich bewährt.
STANDARD: Der ORF hat derzeit einen Alleingeschäftsführer – Alexander Wrabetz – und vier Zentraldirektoren sowie ORF-Landesdirektoren für jedes Landesstudio. Ist der Istzustand sinnvoll – oder sehen Sie sinnvollere Varianten? Cap: Die Geschäftsführung wurde vor einem Jahr für fünf Jahre bestellt. Der ORF entwickelt sich insgesamt und im Vergleich mit anderen europäischen öffentlich-rechtlichen Sendern sehr erfolgreich. Unter dem Deckmantel einer Reform aus politischen Gründen eine Geschäftsführung auszutauschen – wie verschiedentlich angekündigt –, halte ich für sehr durchsichtig und ist abzulehnen.
STANDARD: Kritiker werfen ORFJournalisten wie Armin Wolf „Verhörmethoden“vor. Braucht es neue Regeln für sie, und sollen ihre Social-Media-Aktivitäten beschränkt werden? Cap: Die ORF-Journalisten leisten insgesamt hervorragende Arbeit für unabhängigen, objektiven und kritischen Journalismus. Es ist sicher nicht Aufgabe der Medienpolitik, Interviewstile zu bewerten oder gar zu reglementieren.
STANDARD: Soll das ORF-Gesetz Mindestanteile für österreichische Produktionen/Musik/Inhalte vorschreiben? Cap: Natürlich ist der ORF angehalten, einen möglichst hohen Anteil österreichischer Produktionen in TV und Radio zu senden. Der ORF hat hier auch in Vereinbarungen mit der österreichischen Filmwirtschaft und der Musikbranche bereits deutliche Steigerungen realisiert. Dieser Weg der intensiven Zusammenarbeit zwischen ORF und der Kreativbranche soll unterstützt, aber nicht notwendigerweise durch zu viele gesetzliche Quoten reglementiert werden.
Unter dem Deckmantel einer Reform aus politischen Gründen eine ORF-Führung auszutauschen ist abzulehnen.
STANDARD: Der ORF wünscht sich mehr Möglichkeiten online – von Werbe-Targeting bis zu längerem Anbieten von Videoinhalten. Cap: Ich finde es schade, dass vom Gebührenzahler bezahlte Produktionen nach sieben Tagen von der sehr erfolgreichen TVthek genommen werden müssen. Im Sinne des Publikums sollte diese starre EU-Regel verändert werden. Im Bereich der Onlinewerbung werden die österreichischen Anbieter nur gegen Google und Facebook bestehen können, wenn sie enger zusammenarbeiten. Wenn es dem ORF gelingt, im Einvernehmen mit den Zeitungen und anderen österreichischen Anbietern einen OnlineWerbering zu schaffen, der den Abfluss von österreichischen Werbegeldern ins Silicon Valley zumindest bremst und Wertschöpfung im Land erhält, sollten wir dafür auch die rechtlichen Voraussetzungen schaffen. pCap über Online-Steuern, Medien
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