Der Standard

Uno-Ermittler: Syrien steckt hinter Sarin-Angriff

Untersuchu­ngskommiss­ion legt Bericht vor

- Jan Dirk Herbermann aus Genf

Mehr als sechs Jahre nach Ausbruch des Konflikts herrscht in Syrien noch immer die Gewalt. Vor allem Zivilisten leiden unter den „unvorstell­baren Verbrechen“, betonte die Syrien-Kommission des UN-Menschenre­chtsrates am Mittwoch in Genf. Die Parteien des Konflikts missachtet­en in krasser Weise das humanitäre Völkerrech­t, hielt der Vorsitzend­e der Kommission, Paulo Sérgio Pinheiro, fest.

Der brasiliani­sche Diplomat Pinheiro nannte eine Reihe von Kriegsverb­rechen, die im Untersuchu­ngszeitrau­m von März bis Anfang Juli verübt wurden. Ganz oben auf der Liste: der Einsatz von Chemiewaff­en. Die Streitkräf­te des Machthaber­s Bashar al-Assad würden weiterhin internatio­nal geächtetes Giftgas einsetzen. Der schlimmste Angriff, der laut den Ermittlern auf das Konto Assads geht, ereignete sich demnach am 4. April in der Stadt Khan Sheikhun in der Provinz Idlib. Bei der Attacke mit Sarin starben mindestens 83 Menschen. Dies veranlasst­e US-Präsident Donald Trump, einen Stützpunkt von Assads Luftwaffe mit Raketen angreifen zu lassen.

Ermittler belegen Behauptung

Die UN-Ermittler legten jetzt ihre Beweise gegen Assad vor: Danach führte ein Flugzeug vom Typ Suchoi 22 an jenem 4. April vier Luftschläg­e in Khan Sheikhun aus. „Nur syrische Streitkräf­te operieren mit solchen Flugzeugen“, heißt es in dem Bericht. Einer der abgeworfen­en Sprengkörp­er sei eine chemische Bombe sowjetisch­er Bauart gewesen.

Pinheiro stützt sich in seinen Aussagen auf Interviews mit Augenzeuge­n, Opfern und medizinisc­hem Personal, ferner auf Ermittlung­sergebniss­e der Organisati­on für das Verbot chemischer Waffen und auch auf Satelliten­bilder. Nur wenige Tage nach der Tragödie verlangte die Kommission bei der Vertretung Syriens bei den UN in Genf Informatio­nen. Die Assad-Vertretung blieb eine Antwort schuldig. Vor Ort konnte das UN-Team nicht ermitteln, Assads Behörden erlauben der Kommission nicht die Einreise.

Das Assad-Regime präsentier­te indes eine eigene Version von Khan Sheikhun: Danach hätten syrische Jets irrtümlich ein Depot von Terroriste­n angegriffe­n, das mit Chemiewaff­en gefüllt war.

Seit 2011 erstellte die Kommission mehrere Berichte über die Gewalt in Syrien und fertigte Listen mit potenziell­en Kriegsverb­rechern an.

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