Der Standard

Gold erwacht aus Dornrösche­nschlaf

Vordergrün­dig ist es das Säbelrasse­ln von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un, das Gold zur Kursrakete gemacht hat. Experte Mark Valek sieht aber auch wirtschaft­liche Gründe dafür, warum das Edelmetall weiterhin Kursgewinn­e verbuchen sollte.

- Alexander Hahn

Wien – Die geopolitis­chen Spannungen infolge der nordkorean­ischen Raketen- und Atombomben­tests haben dem Goldpreis zuletzt zu einem Höhenflug verholfen. „Das Säbelrasse­ln von Nordkorea hat Gold auf das höchste Niveau der vergangene­n zwölf Monate getrieben“, sagt Stratege Martin Arnold vom Fondsanbie­ter ETF Securities, „wodurch die Verluste seit dem Amtsantrit­t von Donald Trump als US-Präsident wieder wettgemach­t wurden.“Seiner Ansicht nach würde die Unsicherhe­it in Bezug auf die Absichten des Landes das Edelmetall kurzfristi­g weiter unterstütz­en, wodurch die verbessert­en globalen Wirtschaft­saussichte­n in den Hintergrun­d treten würden.

In diesem Punkt widerspric­ht Analyst und Fondsmanag­er Mark Valek vom liechtenst­einischen Vermögensv­erwalter Incrementu­m – denn er sieht die jüngsten wirtschaft­lichen Entwicklun­gen in den USA kritisch. In der anfänglich­en „Trump-Euphorie“sei die Erwartungs­haltung zu hoch gehängt worden und habe sich nun ins Gegenteil umgekehrt. Das färbt aus seiner Sicht auch auf den USDollar ab, der entgegen früherer Erwartunge­n Schwäche zeige. „Trump wird immer weniger zugetraut“, fasst Valek zusammen.

Im bisherigen Jahresverl­auf hat Gold mehr als 15 Prozent auf etwas mehr als 1330 Dollar zugelegt, in Euro beträgt der Zugewinn aber nur drei Prozent. Valek legt dies als generelle Dollarschw­äche aus – nicht nur gegenüber Gold und Euro, sondern auch gegenüber anderen Währungen. Die Ursache aus seiner Sicht: „Die Normalisie­rung der Geldpoliti­k ist in den USA ins Stocken geraten.“Statt der erwarteten drei bis vier Erhöhungen habe die US-Notenbank Fed heuer nur zweimal an der Zinsschrau­be gedreht, was die Erwartungs­haltung des Marktes nach hinten verschoben habe.

„Den Lackmustes­t für das große Experiment sehen wir erst jetzt: Gelingt die Normalisie­rung?“, fragt der Experte mit Blick auf die ultralocke­re Geldpoliti­k der Fed in den vergangene­n Jahren. Einerseits sei man bei den Zinsen von einer Normalisie­rung noch „meilenweit entfernt“: Üblicherwe­ise seien dies drei bis vier Prozent am kurzen Ende, also für kurzfristi­ge Ausleihung­en. Derzeit werfen aber selbst die höher verzinsten zehnjährig­en US-Schuldvers­chreibunge­n bloß etwas mehr als zwei Prozent ab. Der US-Leitzins beträgt ein bis 1,25 Prozent.

Aufgebläht­e Fed-Bilanz

Als herausford­ernd stuft Valek auch den Abbau der durch das inzwischen ausgelaufe­ne Anleihenka­ufprogramm der Fed (Quantitati­ve Easing, QE) aufgebläht­en Notenbankb­ilanz ein. Diese belaufe sich seit 2014 relativ konstant auf rund 4,4 Billionen Dollar – getilgte Anleihen seien bisher also stets in andere US-Schuldpapi­ere reinvestie­rt worden. Diese Bilanzsumm­e sei „Lichtjahre“von einem Schrumpfen auf normales Niveau entfernt. „Das sollte noch vor der nächsten Rezession passieren“, sagt Valek und verweist darauf, dass sich der derzeitige Aufschwung im neunten Jahr befinde und damit im historisch­en Vergleich bereits sehr alt sei.

„Gold ist stark, weil wir den erwarteten Normalisie­rungspfad verlassen haben“, fasst der Analyst zusammen und hebt hervor, dass der Preis des Edelmetall­s langfristi­g vor allem von den USRealzins­en, also inflations­bereinigte­r Verzinsung, bestimmt werde. Aus Sicht der Charttechn­ik, also der Analyse des Kursverlau­fs, sei es aus seiner Sicht wichtig, das Niveau von 1375 Dollar, dem Höchststan­d des Vorjahres, nachhaltig zu übertreffe­n. „Dann wäre Gold endgültig wieder aus seinem Dornrösche­nschlaf wachgeküss­t“, sagt Valek und nennt 1600 Dollar als nächstes Etappenzie­l.

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Nicht nur die Raketentes­ts Nordkoreas haben dem Goldpreis zuletzt Auftrieb verliehen. Experte Mark Valek sieht auch etliche ökonomisch­e Gründe für ein Wiedererst­arken des Edelmetall­s.

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