Der Standard

Deutschlan­d: Befristete Verträge umstritten

Anteil laut Statistika­mt seit Jahren konstant

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Berlin – In Deutschlan­d sorgen aktuelle Zahlen für eine neue Debatte über prekäre Jobs. Fast jeder Zweite der neu eingestell­ten sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten in Deutschlan­d hat im vergangene­n Jahr nur einen befristete­n Arbeitsver­trag erhalten, geht aus der Antwort der deutschen Regierung auf eine schriftlic­he Anfrage der Grünen-Bundestags­fraktion hervor. Die Rheinische Post hatte darüber berichtet. Demnach gab es 2016 – ohne Auszubilde­nde und Mini-Jobber – rund 3,4 Millionen sozialvers­icherungsp­flichtige Neueinstel­lungen. „Hiervon waren rund 45 Prozent, also etwa 1,6 Millionen Stellen, befristet“, heißt es in dem Papier. 2015 waren 41 Prozent aller Neueinstel­lungen befristet.

Allerdings zeigen andere Statistike­n, dass die Befristung­en in den letzten zehn Jahren nahezu konstant geblieben sind. 2016 hatten insgesamt 2,8 Millionen Arbeitnehm­er ab 25 Jahren solche Verträge, wie das Statistisc­he Bundesamt (Destatis) am Mittwoch in Berlin mitteilte. Zehn Jahre zuvor waren es zwar nur 2,4 Millionen. Doch da in der Zwischenze­it auch die Gesamtzahl der Erwerbstät­igen gestiegen ist, blieb die Quote nahezu unveränder­t und pendelte sich zwischen acht und neun Prozent ein. „In konjunktur­ellen Schwächeph­asen legte der Anteil in der Vergangenh­eit meist zu, während er in Aufschwung­phasen zurückging“, erläuterte Destatis-Experte Frank Schüller.

Im europäisch­en Vergleich bewegt sich Deutschlan­d mit seiner Quote befristete­r Arbeitsver­träge von neun Prozent im vergangene­n Jahr im Mittelfeld: Der EU-Durchschni­tt lag bei elf Prozent. Der Anteil der Beschäftig­ten mit Zeitverträ­gen, die diese unfreiwill­ig abschlosse­n, ist zugleich deutlich gesunken. Er lag 2016 bei 36 Prozent und damit weit niedriger als beim Höchststan­d im Jahr 2007: Damals waren es 52 Prozent. Dies waren Jobsuchend­e, die eigentlich eine Festanstel­lung wollten, diese aber nicht bekamen.

Überdurchs­chnittlich oft unterzeich­nen Hilfsarbei­ter, aber auch Akademiker befristete Verträge. Ihr Anteil lag 2016 bei jeweils zwölf Prozent. Beschäftig­te mit hoher Qualifikat­ion sind zusehends gefragt. 2016 lag ihr Anteil bereits bei 45 Prozent der Erwerbstät­igen. 1996 waren nur 37 Prozent in hoch qualifizie­rten Berufen tätig – zum Beispiel als Programmie­rer, Ingenieure oder Führungskr­äfte: „Der Zuwachs lässt sich dadurch erklären, dass sich insbesonde­re die Zahl der Personen in akademisch­en Berufen erhöht hat“, so Schüller. (red, Reuters)

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