Dem aber „der Maßstab fehlt“
Doppelte des Vereinbarten gerechtfertigt gewesen wäre, wenn sich die Stadt mit Entwicklern auf bestimmte Leistungen einigt.
„Es gibt keinen Maßstab, deshalb weiß die Stadt derzeit selber nicht, ob sie gut verhandelt hat“, bringt es Schremmer auf den Punkt.
Konkretere Vorgaben
Einig sind sich die Experten auch darin, dass es nähere Bestimmungen für einen bestimmten Bauplatz brauchte. „Je konkreter die Vorgaben im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, desto unangefochtener der Gleichheitsgrundsatz und desto kalkulierbarer und definierter die Projektideen“, sagt Ernst-Kirchmayr. Auch Schremmer ist der Meinung, dass die näheren Bebauungsbestimmungen zu ergänzen wären – etwa um infrastrukturelle Voraussetzungen, aber auch was den Mix betrifft, also etwa den Anteil des leistbaren Wohnbaus.
Die Wiener Bauordnung sei eben leider ein „End-of-PipeInstrument“, pflichtet Hecht bei: Am Anfang stünden vage, nicht rechtsverbindliche Instrumente wie der Stadtentwicklungsplan (STEP) oder städtebauliche Leitbilder, rechtsverbindlich ist erst der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, am Schluss die Baugenehmigung im Gemeinderat – es fehle aber eine viel früher zu gebende „verbindliche Zwischenstufe zur Projektdefini- tion“, und das würden viele kritisieren.
„Bauträger und Investoren hätten gerne mehr und viel früher gewusst. Das ist auch in der Fachdiskussion der Raumplanung eine jahrzehntelange Kritik, dass das Wiener Instrumentarium keine Zwischenstufe hat.“Ein potenzielles Instrument sei das schon erwähnte städtebauliche Leitbild, das fallweise auch angewandt werde, so Schremmer, aber zu wenig normiert sei.
Eine Widmungs- bzw. „Mehrwertabschöpfungsabgabe“, wie es sie in der Schweiz gibt, halten die Experten in Österreich nicht für durchführbar – unter anderem aus verfassungsrechtlichen Gründen. Ernst-Kirchmayr führt beispielsweise an, dass z. B. im Kanton Aargau der geschätzte Mehrwert schon vor der Aufzonung (Umwidmung, Anm.) einer Liegenschaft festgelegt werden muss, dieser auch bei unbebautem Verkauf zu entrichten ist und auch die Aufteilung der Beträge an Kanton und Gemeinde im jeweiligen kantonalen Richtplan geregelt ist.
In der Schweiz können Beiträge an Gemeinden im Gegensatz zu den kantonalen Zahlungen aber auch in Form von Sachleistungen, etwa Infrastrukturmaßnahmen, erbracht werden. „Das wird bewertet und dann auf den Betrag angerechnet. Ein durchaus diffiziles System.“
Im österreichischen System sei dafür kein Platz, meint Hecht. „Schon deshalb nicht, weil Werterhöhungen von Immobilien mit anderen Steuern belegt sind. Aber vor allem, weil unser Rechtssystem auf eine solche Vorgangsweise nicht zugeschnitten ist. Wir haben einen verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentumsschutz, und da trifft Nutzen bzw. Risiko und somit Werterhöhung oder -reduktion grundsätzlich den Eigentümer.“
Schremmer plädiert für „maßgeschneiderte Lösungen“, denn die Projekte und auch deren Auswirkungen seien eben sehr unterschiedlich. „Um sie gerecht behandeln zu können, muss man sehr unterschiedliche Auflagen geben. Der Katalog ist eine Richtschnur, was man in ein Bewertungsverfahren hereinnehmen muss: Was sind ausgelöste Folgekosten, ist das gravierend, oder ist das zu vernachlässigen? Ist das ein Projekt, das gewaltigen Mehrwert erwirtschaften wird?“
„Gemeinnützige ausnehmen“
Der geförderte Wohnbau könne jedenfalls keinen solchen Mehrwert generieren, deshalb müsse es für ihn zwingend Ausnahmen geben, so der Raumplanungsexperte weiter. „Wenn man in Wien in Zukunft noch gemeinnützigen Wohnbau haben will, kann man nicht zusätzlich zu den dort schon existierenden Kostenrahmen auch noch Aufgaben im Rahmen der städtebaulichen Verträge verordnen. Die kommen mit den Kosten haarscharf durch. Da kann man nix abschöpfen – denn sonst bringt man den geförderten Wohnbau um.“