Van der Bellen: Wähler sollen ihre Entscheidung genau abwägen
Zu Beginn des Intensivwahlkampfes rief der Bundespräsident die Bürger auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen – und davor „hinter die Slogans“zu blicken. Die konkurrierenden Parteien mahnte er, eine intakte Gesprächsbasis zu wahren.
Wien – Mit Beginn des Intensivwahlkampfes hat sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Dienstag an die Bevölkerung gewandt: In seiner Rede rief er dazu auf, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, aber auch „genau abzuwägen, bevor Sie Ihre Entscheidung treffen“, und sich dafür „ein, zwei Stunden“Zeit zu nehmen. Dabei sollten die Wähler weniger an die persönlichen Interessen denken als daran, „was für unsere Heimat Österreich am besten ist“. Entscheidend ist für den Bundespräsidenten, dass das Land eine Regierung bekomme, „die sich der Wichtigkeit der europäischen Einheit bewusst ist“.
Er appellierte an die Parteien, nicht zu vergessen, dass sie nach dem Wahltag eine intakte Gesprächsbasis brauchen.
Wien – Nein, eine Wahlempfehlung gab Alexander Van der Bellen freilich nicht ab – wie Medienleute kurz vor seiner für elf Uhr anberaumten Erklärung in der Hofburg in Anspielung auf die Spaltung der Grünen witzelten. Vielmehr nutzte der Bundespräsident, früher Chef der Grünen, am Dienstag „den Beginn des Intensivwahlkampfes“, um Volk und Parteien ins Gewissen zu reden.
Zuerst appellierte Van der Bellen an die Bürger, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Denn dass er sich als Staatsoberhaupt abseits des Nationalfeiertags und der Neujahrsansprache an sie wende, habe damit zu tun, dass der 15. Oktober „einer der höchsten Feiertage, wenn nicht der höchste Feiertag“sei, „den eine Demokratie zu bieten hat“.
Dazu bat der Bundespräsident die Bevölkerung, vor der Stimmabgabe „genau abzuwägen, bevor Sie Ihre Entscheidung treffen“, was im Interesse Österreichs das Beste sei. Die Wahlberechtigten mögen „hinter die Slogans“blicken und sich „ein, zwei Stunden“Zeit nehmen, um sich mit den Konzepten der Parteien auseinanderzusetzen, denn: „Es ist besser, sich jetzt zu informieren, als nachher zu lamentieren.“
Gegen kurzfristiges Denken
Die Zeiten seien ohnehin geprägt von kurzfristigem Denken – doch er, Van der Bellen, halte das „für völlig unangebracht in der Politik“. Einige Themen sprach das Staatsoberhaupt an, die ein längeres Nachsinnen wert seien: das Friedensprojekt Europa etwa, der Klimawandel, die Digitalisierung oder die Kluft zwischen Arm und Reich. Auch die Migration werde dem Land über die Legislaturperiode hinaus erhalten bleiben – und „mit kurzfristigen, reflexhaften Maßnahmen nicht zu lösen sein“, mahnte er.
Die Parteien und ihre Kandidaten rief Van der Bellen auf, im Umgang miteinander eine intakte „Gesprächsbasis“für die Zeit nach dem Wahltag zu wahren, die Verhandlungen ermögliche wenn er nun Verständnis für „harte Auseinandersetzungen“habe.
Zuletzt hatte etwa FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache die grüne Frontfrau Ulrike Lunacek im Puls4-Duell angesichts antisemitischer Vorhalte als „schäbig“bezeichnet und befunden, die Grünen agierten „hasszerfressen“– was noch einen Rechtsstreit zur Folge haben könnte.
„Wer wem was nachsagt“, kommentierte Van der Bellen freilich auch nicht, wohl aber äußerte er sich zu einer Frage der Krone, ob er eine Regierung unter FPÖBeteiligung angeloben würde: Er habe schon im Vorjahr erklärt, dass er „größten Wert“darauf lege, dass Österreich „eine Regierung bekommt“, die sich „der Wichtigkeit der europäischen Einheit bewusst“sei.