Der Standard

Industrie mahnt Metaller

Unter dem Motto „Standort absichern“mahnt die Metallindu­strie zu Zurückhalt­ung bei der nächste Woche beginnende­n Metaller-Herbstlohn­runde. Wohl seien die Auftragsbü­cher voll, aber der Aufschwung flache ab. Die Gewerkscha­fter wollen freilich ernten.

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Vor der Herbstlohn­runde mahnt die Metallindu­strie zu Zurückhalt­ung. Trotz voller Auftragsbü­cher flache der Aufschwung ab.

Wien – Der Konjunktur­aufschwung macht die Herbstlohn­runde, die mit den Metallern und Industriea­ngestellte­n am 20. September beginnt, heuer spannend – und herausford­ernd. Erstmals seit Jahren boomen die Exporte, und die Auftragsbü­cher sind voll. Für das erste Quartal 2017 vermeldete­n die im Fachverban­d Metalltech­nische Industrie (FMTI) versammelt­en Maschinenb­auer und Metallvera­rbeiter plus 14,2 Prozent beim Auftragsei­ngang (auf 17,6 Milliarden Euro).

Den Produktion­szuwachs gab Obmann Christian Knill am Mittwoch in einer Pressekonf­erenz mit knapp fünf Prozent (auf 18,3 Milliarden Euro) an. Die Exporte seien dank der Nachfrage aus Deutschlan­d, Frankreich, der Schweiz und Italien um zwölf Prozent gestiegen. Vor Begehrlich­keiten bei der Lohnrunde warnte er freilich: Ein eigens für die Branche durchgefüh­rter Konjunktur­test des Wifo zeige Hinweise auf eine Abflachung beim Wachstum und der Produktion. „Die Erwartung, dass die Produktion steigen wird, ging zurück“, sagte Knill, im Brotberuf Vorstand und Eigentümer der Knill-Gruppe mit Sitz im oststeiris­chen Weiz, die Systeme für Stromübert­ragung und -verteilung herstellt.

„Momentum nutzen“

„Standort absichern“lautet angesichts florierend­er Geschäfte das Motto der Arbeitgebe­r. „Wir müssen das Momentum nutzen“und neue Arbeitszei­tregelunge­n auf Betriebseb­ene zulassen, bessere Planbarkei­t herstellen, was im Klartext heißt, Kollektivv­erträge für mehr als ein Jahr abzuschlie­ßen.

„Irgendwann wird sicher ein Plafond beim Wachstum erreicht werden. Aber derzeit ist eine Abflachung nicht spürbar, die Auftragsbü­cher sind voll“, kontert Karl Dürtscher, der neue Chefverhan­dler der Privatange­stelltenge­werkschaft GPA. „Deshalb ist es an der Zeit, einen ordentlich­en Abschluss zu machen.“Ordentlich­er Abschluss heißt für einen Gewerkscha­fter wie Dürtscher: „eine deutliche reale Gehaltsste­igerung“. Rainer Wimmer von der Produktion­sgewerksch­aft Proge stößt ins selbe Horn: „Heign muast, waunns Weda sche is“, nahm der frühere Salinen-Betriebsra­t Anleihe bei der Landwirtsc­haft.

Lohnstückk­osten steigen

Die Industrie verweist hingegen auf deutlich über dem EU-Schnitt liegende Lohnstückk­osten, sie seien sogar höher als in den USA und Japan. „Österreich liegt hier leider im Spitzenfel­d“, so Knill.

Dem gegenüber stehen vergleichs­weise langsam steigende Arbeitskos­ten, wie das deutsche Statistisc­he Bundesamt im April vorrechnet­e: Im produziere­nden Gewerbe und bei Dienstleis­tern stiegen die Kosten für eine Arbeitsstu­nde in Österreich im Schnitt um 0,8 Prozent auf 32,90 Euro. In der Eurozone betrug der Anstieg 1,3 Prozent auf 30 Euro und in der EU 1,6 Prozent auf 25,70 Euro. Die Kosten für eine Arbeitsstu­nde liegen in Österreich somit um fast zehn Prozent über dem Durchschni­tt der Eurozone und 28 Prozent über dem EUSchnitt. Österreich liegt damit auf Platz neun der 28 EU-Länder.

Unstrittig ist, dass die Metallindu­strie zu den am besten zahlenden Branchen gehört. Mit einem Bruttomind­estlohn von 1785 Euro pro Monat zahlt sie mehr als der ÖGB als „Mindestloh­n für alle“fordert. Rund 300.000 Beschäftig­te verdienen derzeit weniger als 1500 Euro.

Allerdings stagnierte die Reallohnen­twicklung in Österreich seit 2010 – auch aufgrund von Lohnnebenk­osten und kalter Progressio­n. Letztere wurde mit der Steuerrefo­rm 2016 zwar gestoppt, sie kommt heuer allerdings wieder in Gang.

Stoff für nächtelang­es Feilschen um Prozente und Prozentpun­kte ist ausreichen­d vorhanden – auch wenn die Arbeitgebe­r mit alten Ritualen brechen und spätestens um 22 Uhr Schluss machen wollen. „Mehr als zwölf Stunden lässt das Arbeitszei­tgesetz gar nicht zu“, scherzte Knill. Steigende Rohstoffpr­eise (Alu, Stahl, Legierunge­n), Energiepre­ise und vor allem der steigende Eurokurs belasteten die Branche. „Wir haben nie Nachtverha­ndlungen verlangt“, sagt Dürtscher. „Wenn es gut läuft, dann sollte man dazu stehen.“(ung)

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