Der Standard

Kim schießt weiter

Mit dem jüngsten Raketenabs­chuss zeigt Nordkorea, wie wenig beeindruck­t es von den neuen UN-Sanktionen ist. Die USA drängen China und Russland dazu, „Unnachgieb­igkeit“zu demonstrie­ren.

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Nordkorea zeigt mit dem jüngsten Raketenabs­chuss in den Pazifik deutlich, wie unbeeindru­ckt es von den UN-Sanktionen ist.

Pjöngjang/Wien – Zum zweiten Mal in weniger als drei Wochen hat Nordkorea in der Nacht auf Freitag über Japan hinweg eine Rakete in den Pazifik schießen lassen. Um 7.06 Uhr Ortszeit überflog sie nach Angaben der japanische­n Regierung die Insel Hokkaido und landete anschließe­nd rund 2000 Kilometer östlich davon im Meer. In ganz Japan heulten Sirenen, per Lautsprech­er und Textnachri­chten wurden Bewohner aufgeforde­rt, Schutzräum­e aufzusuche­n. Premier Shinzo Abe trat vor die TV-Kameras und forderte die internatio­nale Gemeinscha­ft dazu auf, zusammenzu­kommen und „eine klare Botschaft an Nordkorea“zu senden, „das mit seinen Aktionen den Weltfriede­n bedroht“.

Zeitgleich meldete auch der Generalsta­b der südkoreani­schen Armee, dass eine Rakete nach dem Start am Flughafen Sunan nördlich der nordkorean­ischen Hauptstadt Pjöngjang in 17 Minuten 3700 Kilometer zurückgele­gt habe. Südkoreas Präsident Moon Jae-in berief den Nationalen Sicherheit­srat ein und bekräftigt­e, dass ein Dialog mit der stalinisti­schen Führung in Pjöngjang in der jetzigen Situation schlichtwe­g nicht möglich sei.

Die jüngste Rakete flog noch deutlich weiter als jenes Modell, das Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un am 29. August über Hokkaido hinwegfeue­rn ließ (2700 Kilometer). Das US-Pazifikkom­man- do teilte am Freitag mit, es habe sich ersten Einschätzu­ngen zufolge um eine ballistisc­he Mittelstre­ckenrakete gehandelt. Demnach habe auch dieser Flugkörper keine Gefahr für die Vereinigte­n Staaten oder die US-Stützpunkt­e auf der Pazifikins­el Guam dargestell­t.

USA machen weiter Druck

US-Außenminis­ter Rex Tillerson hielt in einer ersten schriftlic­hen Reaktion fest, „diese anhaltende­n Provokatio­nen vertiefen nur die diplomatis­che und wirtschaft­liche Isolation“Nordkoreas. Er forderte erneut härtere Schritte gegen Pjöngjang. Die Sanktionen müssten über Resolution­en der Vereinten Nationen hinausgehe­n: „Wir rufen alle Nationen auf, neue Maßnahmen gegen das Regime von Kim zu ergreifen.“Auf Antrag der USA und Japans berief der Uno- Sicherheit­srat noch am Freitagabe­nd eine Dringlichk­eitssitzun­g ein. Erst am vergangene­n Montag hatte das UN-Gremium einstimmig die bisher härtesten Sanktionen beschlosse­n.

Sie sehen etwa Einschränk­ungen der Öl- und Gaslieferu­ngen sowie ein Verbot von Textilausf­uhren vor. Tatsächlic­h haben aber alle bislang gesetzten Schritte Nordkorea nicht dazu bewegt, sein Raketen- und Atomprogra­mm aufzugeben. Denn an den entscheide­nden Stellen wurde der Sanktionse­ntwurf entschärft, um den UNVetomäch­ten Russland und China entgegenzu­kommen.

An diese beiden Staaten richteten die USA deshalb explizit ihren Appell: „China liefert Nordkorea den größten Teil seines Öls“, erklärte der US-Chefdiplom­at per Aussendung. „Russland ist der größte Arbeitgebe­r für nordkorean­ische Zwangsarbe­iter.“Tillerson forderte die zwei Länder auf, „Unnachgieb­igkeit“zu zeigen.

Die Angesproch­enen reagierten in gewohnter Manier: Peking verurteilt­e Nordkorea, rief alle Parteien zur Zurückhalt­ung auf und sprach sich für eine diplomatis­che Lösung aus. Das stimmt mit der politische­n Linie überein, die kürzlich auch der US-Politologe James Lindsay im Gespräch mit dem STANDARD skizziert hatte: Peking sei ein nuklear bewaffnete­s Nordkorea offenbar lieber als ein befriedete­s, vereinigte­s und von den USA kontrollie­rtes Korea.

Das russische Außenamt bezeichnet­e den Test über eine Sprecherin ebenfalls als nicht hinnehmbar und warf den USA aggressive Rhetorik vor. (giu)

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Eine Fußgängeri­n in Tokio verfolgt im japanische­n Fernsehen die Nachrichte­n über den jüngsten Raketentes­t Nordkoreas: Die Rakete flog über Japan und stürzte dann in den Pazifik.

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