Der Standard

„Spinner“am obskuren Rand

Justizmini­ster bestätigt Ermittlung­en gegen „kreuz.net“

- Colette M. Schmidt

Wien – Laut einer aktuellen Anfragebea­ntwortung von Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er ( ÖVP) wird immer noch gegen insgesamt sieben Personen im Zusammenha­ng mit dem Internetpo­rtal kreuz.net wegen NS-Wiederbetä­tigung und Verhetzung ermittelt. Das ist insofern beachtlich, als die Seite, die fundamenta­listische, rechtsextr­eme Artikel unter dem Titel „katholisch­e Nachrichte­n“verbreitet­e, schon vor fünf Jahren offline ging, danach wurde unter dem virtuellen Klon kreuz-net.info weiter, wenn auch etwas vorsichtig­er „gesendet“.

Die meist anonyme Autorensch­aft bezeichnet­e etwa die Euthanasie­programme der Nazis als Lüge, zweifelte die Existenz von Gaskammern an, spottete über den Holocaust und postete antisemiti­sches, homophobes und schlichtwe­g nationalso­zialistisc­hes Gedankengu­t.

Erst als der deutsche Entertaine­r Dirk Bach 2012 und danach aufgrund seiner Homosexual­ität auf übelste Weise diffamiert wurde, wuchs der Druck auf die Seite. Damals äußerte sich auch Kardinal Christoph Schönborn unmissvers­tändlich ablehnend zu den Umtrieben auf der Seite. Im Zusammenha­ng mit kreuz.net tauchten auch immer wieder einschlägi­g bekannte Geistliche auf. Aus dem Justizmini­sterium hieß es damals allerdings auf eine erste parlamenta­rische Anfrage, dass es Anzeigen aber keine Ermittlung­en gebe. Gegen den Betreiber der zweiten Seite lief ein Verfahren wegen Verhetzung, weil er Homosexuel­len die „Strafe Gottes“wünschte. Er wurde vor einer Woche – noch nicht rechtskräf­tig – schuldig gesprochen. Die Grünen brachten erneut eine parlamenta­rische Anfrage ein, die am 13. September beantworte­t wurde.

Verfassung­sschutz ermittelt

Die aktuellen Ermittlung­en werden von der Staatsanwa­ltschaft Wien in Zusammenar­beit mit dem Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g durchgefüh­rt.

Auf Nachfrage des STANDARD bei Kardinal Schönborn, ob dieser seinen vor fünf Jahren in Medien angedeutet­en Verdacht über Personen, die hinter der Seite stehen könnten, konkretisi­eren kann, erklärt sein Sprecher, Michael Prüller, dass der Kardinal keine einzelnen Personen, „sondern eher Personenkr­eise am obskuren Rand des traditiona­listischen Lagers“gemeint habe. Es sei nicht ausgeschlo­ssen, dass es sich auch um Personen handle, die selbst von außenstehe­nden kirchliche­n Gruppen schon ausgeschlo­ssen wurden.

Im Zuge der aktuellen Ermittlung­en sei der Kardinal nicht als Zeuge einvernomm­en worden. „Diese Leute sind vom Ton her echte Spinner, psychologi­sche auffällig mit einer Lust, Tabuworte zu verwenden“, so Prüller.

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