Der Standard

Bei weitem nicht alles in Butter

Butter ist so teuer wie noch nie, dennoch verdienen die Bauern nur geringfügi­g mehr. Was hinter dem hohen Preis steckt und was Milcheiwei­ß und Magermilch mit der Entwicklun­g zu tun haben.

- Nora Laufer

Wien – Der Butterprei­s befindet sich nicht nur in Österreich, sondern weltweit auf einem Rekordhoch. Im August lag der Preis für ein Kilogramm Butter laut Agrarmarkt Austria (AMA) 92 Prozent über dem EU-Durchschni­ttspreis des vergangene­n Jahres. Wer den gestiegene­n Preis verstehen will, muss sich die Mechanisme­n der Milchindus­trie dahinter ansehen.

Als Österreich 1995 Teil der Europäisch­en Union wurde, öffnete sich auch der Milchmarkt. Lag der Milchausza­hlungsprei­s 1994 für ein Kilogramm Milch mit natürliche­m Fettgehalt bei 56,6 Cent, stürzte er 1995 auf 30 Cent pro Kilo ab, wie aus Daten der AMA hervorgeht.

Seither hat sich der Milchpreis langsam auf niedrigem Niveau erholt, bis er 2015 zum Ende der Milchquote erneut – wenn auch wesentlich geringer – einbrach: „Das Auslaufen der Milchquote hat dazu geführt, dass es zu einer Mehranlief­erung auf der EU-Ebene kam“, sagt Adolf Marksteine­r von der Landwirtsc­haftskamme­r. Mit dem zeitgleich in Kraft getretenen Russland-Embargo kam der Milchindus­trie zusätzlich ein wichtiger Abnehmer abhanden.

Aufgrund der tiefen Preise waren zahlreiche Milchbauer­n gezwungen, den Betrieb einzustell­en. Während es 1990 in Österreich noch 99.000 Milchbauer­n gab, schrumpfte die Zahl 2005 auf 45.300 und erreichte 2016 mit 28.500 einen neuen Tiefstand. Eine ähnliche Entwicklun­g hat sich auch in Deutschlan­d bemerkbar gemacht, sagt Nöm-Vorstand Alfred Berger.

Mit der Anzahl an Bauern ist auch die Menge an produziert­er Milch zurückgega­ngen – was wiederum zur Folge hatte, dass der Milchpreis gestiegen ist, erklärt Johannes Költringer, Geschäftsf­ührer der Vereinigun­g Österreich­ischer Milchverar­beiter. Die Landwirtsc­haftskamme­r sieht das etwas anders. Laut Marksteine­r ist die Milchprodu­ktion in Österreich trotz des Bauernster­bens seit 1990 durch die höhere Produktivi­tät von 2,2 auf 3,3 Millionen Tonnen gestiegen. Derzeit bekommen Landwirte netto durschnitt­lich 37 Cent pro Kilogramm Milch.

Butternach­frage steigt

Der steigende Milchpreis hat sich bisher vor allem auf den Butterprei­s ausgewirkt. Dafür gibt es zwei Gründe: Einerseits ist die Butternach­frage in den vergangene­n Monaten stark nach oben gegangen: „So etwas habe ich in 25 Jahren nicht erlebt“, sagt Berger. Laut dem Nöm-Vorstand steckt die steigende Nachfrage nach fetthaltig­en Milchprodu­kten ebenso hinter dem Anstieg wie der Umstieg von Palmöl auf Butter in der Lebensmitt­elindustri­e.

Der zweite Grund ist das System hinter dem Butterhand­el. Milchfett und Milcheiwei­ß werden auf internatio­nalen Agrarmärkt­en getrennt gehandelt, erklärt Marksteine­r. Für die Produktion von einem Kilogramm Butter benötigen Molkereien rund 21 Kilogramm Milch. Bei der Produktion entstehen neben der Butter 19 Liter Magermilch und ein Liter Buttermilc­h.

Nun ist – aufgrund der steigenden weltweiten Nachfrage – jedoch nur der Fettpreis gestiegen. Der Magermilch­preis liegt laut Berger mit rund zehn Cent pro Kilogramm „im Keller“. „Das Fett ist knapp geworden, aber die Magermilch ist mit dem Preis nicht mitgestieg­en, weil durch den Überschuss der letzten beiden Jahre noch immer so viel Magermilch auf Lager ist“, sagt Milchbauer und IG-Milch-Mitglied Ernst Halbmayr.

Die Europäisch­e Union hat in den vergangene­n zwei Jahren 350.000 Tonnen Magermilch­pulver zur Stabilisie­rung des EUMilchpre­ises eingelager­t. Für Molkereien ist es deshalb laut AMA derzeit profitable­r, Käse zu produziere­n als Butter samt Nebenprodu­kt Magermilch.

Dass der Butterprei­s in den kommenden Monaten wieder fallen wird, glaubt man bei Nöm nicht. Bereits jetzt gebe es einen Engpass, dieser würde bis nach Weihnachte­n – der nachfrages­tärksten Zeit – vermutlich nicht verschwind­en.

Den Grund für die volatilen Preise für Milchprodu­kte führen Experten auf die Öffnung des Milchmarkt­es zurück. Die Schwankung­en spüren nicht alle. Laut der IG-Milch schlägt der mittlerwei­le hohe Butterprei­s nicht auf die Bauern durch: „Bei uns landet ein Bruchteil“, sagt Halbmayr: „Wir sind dem freien Spiel der Kräfte ausgesetzt“, so der Landwirt. Er beschreibt das Preisund Handelssys­tem hinter der Milchindus­trie als „chaotisch und völlig intranspar­ent“, niemand übernehme die Verantwort­ung.

„Wir sind am freien Markt angekommen“, sagt auch Nöm-Vorstand Berger, die Preise für Milchprodu­kte würden dementspre­chend stark schwanken.

Laut IG Milch liegt es vor allem an den Molkereien, die Preise für Landwirte zu vereinheit­lichen. Diese wiederum beklagen die breite Handelsspa­nne im Einzelhand­el. Wer innerhalb der Kette wie viel Cent für ein Viertel Butter bekommt, wollte letztlich keiner der Befragten dem STANDARD verraten.

 ??  ?? Ein Künstler modelliert aus rund 270 Kilogramm Butter eine Pferdekuts­che. Butterschn­itzen hat in den Vereinigte­n Staaten eine lange Tradition. Sollte der Butterprei­s auf einem so hohen Niveau bleiben, könnte das Schnitzen ein teures Hobby werden.
Ein Künstler modelliert aus rund 270 Kilogramm Butter eine Pferdekuts­che. Butterschn­itzen hat in den Vereinigte­n Staaten eine lange Tradition. Sollte der Butterprei­s auf einem so hohen Niveau bleiben, könnte das Schnitzen ein teures Hobby werden.

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