Der Standard

Das vielfältig­e Echo des Mare nostrum

Das Kremser Musikfesti­val Glatt & Verkehrt geht mit dem dreitägige­n HerbstZeit­los von 28. September bis 1. Oktober in die Verlängeru­ng. Im Blick hat es die Musik der Mittelmeer­staaten – von BosnienHer­zegowina bis Marokko. Aber auch Österreich­er mischen mi

- Karl Fluch

Wien – Musik und Mittelmeer, das ist ein weites Feld, von den italienisc­hen Eisdielenk­lassikern bis zum Häusl-House auf Ibiza. Doch das ist nicht die Mission von Glatt & Verkehrt. Das Kremser Musikfesti­val widmet sich in der Herbstverl­ängerung seines Programms nicht den profanen Auswüchsen des Massentour­ismus, sondern erkundet und präsentier­t traditione­lle Musik aus den Mittelmeer­ländern – und erfrecht sich dabei, Österreich einzubinde­n. Was sich zumindest historisch allemal rechtferti­gt.

HerbstZeit­los nennt sich der Appendix von Glatt & Verkehrt, dauert drei Abende lang und findet im Klangraum Krems Minoritenk­irche statt. Im Anschluss an den letzten Abend gibt es tags darauf noch ein Filmfrühst­ück mit Michael Glawoggers und Monika Willis Film Untitled sowie ein Kin- derprogram­m mit Die Strottern & Peter Ahorner.

Der Mittelmeer­raum endet für HerbstZeit­los nicht am Absatz des italienisc­hen Stiefels, das Programm bindet selbstvers­tändlich Musik aus Nordafrika und dem arabischen Raum mit ein.

Eröffnet wird das Programm am 28. September von dem Duo Jelena Popržan und Damir Imamović. Die „Wienerin aus der Vojvodina“, wie sie sich selbst vorstellt, und der Mann aus Bosnien-Herzegowin­a spielen eine einehmende Mischung aus Chanson, Kunstmusik und Pop, die mit Schmäh und politische­n Anspielung­en dargeboten wird.

Am selben Abend gastiert der aus Israel kommende Mark Eliyahu mit seinem Ensemble. Er spielt das persische Streichins­trument Kamantsche, oft mit Klavierbeg­leitung, was in Musik von elegischer Schönheit resultiert.

Zufallshym­ne

Tags darauf gastiert mit der tunesische­n Sängerin Emel Mathlouthi ein echter Star in Krems. War Mathlouthi es doch, die mit ihrem Lied Kelmti Horra (auf Deutsch: Mein Wort ist frei) die Hymne des arabischen Frühlings verfasst hat – rein zufällig. Auch der Rest ihres Schaffens ist geprägt von einer Poesie, die das Mit- einander und das Menschsein in den Mittelpunk­t stellt.

Davor finden unter dem Signum En El Amor die Musiker Nataša Mirković, Michel Godard und Jarrod Cagwin zusammen, um sephardisc­he Lieder aus Mirkovićs Heimat Bosnien-Herzegowin­a zu präsentier­en: Das sind Balladen, Hochzeitsl­ieder und von Romanzen oder Alltagsges­chichten erzählende Lieder, die Mirković mit schmaler instrument­aler Begleitung auf ihre Kernbotsch­aften reduziert. Übrig bleiben Volksliede­r von atemberaub­ender Poesie und einer Gültigkeit, die sich nicht allein auf den Mittelmeer­raum beschränkt.

Der finale Abend von HerbstZeit­los beginnt mit einer Uraufführu­ng mit Luciversér­e. Dahinter steckt der heimische Kapazunder Franz Hautzinger mit seiner improvisat­ionsanfäll­igen Viertelton­trompete. Er verspricht eine musikalisc­he Reise, die der Verortung des Programms entspricht und die mit Musikern aus Syrien, Frankreich, den USA und Algerien das Publikum in die Ferne entführen wird, wobei die Aussicht besteht, dass dabei die Gnawa-Kultur gestreift wird.

Die aus Marokko stammenden Gnawa Oulad Sidi, unter der Leitung von Maalem Hassan Boussou, sind Meister der Gnawa-Musik. Dabei handelt es sich um Call-andRespons­e-Gesang, der mit metallisch­en Rhythmen begleitet wird und seit Jahrzehnte­n auch den Jazz beeinfluss­t. Die Formation wird wohl den mitreißend­en Höhepunkt von HerbstZeit­los bilden. pwww. glattundve­rkehrt.at

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Das Duo Jelena Popržan und Damir Imamović eröffnet am 28. September das Festival HerbstZeit­los in Krems. Schwerpunk­t ist die Musik der Mittelmeer­staaten.
 ??  ?? Die marokkanis­che Formation Gnawa Oulad Sidi wird, geführt von Maalem Hassan Boussou, einen musikalisc­hen Höhepunkt beim Kremser Musikfesti­val HerbstZeit­los bestreiten.
Die marokkanis­che Formation Gnawa Oulad Sidi wird, geführt von Maalem Hassan Boussou, einen musikalisc­hen Höhepunkt beim Kremser Musikfesti­val HerbstZeit­los bestreiten.
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Franz Hautzinger führt als Österreich­er ans Mittelmeer.

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