Flüchtige Momente, ewige Natur
Das Kunsthaus Wien zeigt in seiner aktuellen Gruppenausstellung „Visions of Nature“österreichische und internationale Positionen aus zeitgenössischer Fotografie und Videokunst, die das Verhältnis von Mensch und Natur reflektieren.
Wien – I was in love with a place in my mind heißt eine Arbeit Bruno von Roels und liefert damit den heimlichen Titel der Ausstellung Visions of Nature im Kunsthaus Wien. Sie widmet sich dem Verhältnis von Mensch und Natur „im Spannungsfeld zwischen Sehnsuchtsort und Ressource“, so Kuratorin Verena Kaspar-Eisert.
Nicht um Zukunftsvisionen geht es, sondern um gegenwärtige Blicke auf die Natur, vermittelt durch die Linse der Kamera. Arbeiten, die moralisierend den Zeigefinger schwingen, sucht man dementsprechend vergeblich. Jeder Blick des Menschen auf die Natur, so Kaspar-Eisert, sei per se schon politisch.
Nur wenige der 25 versammelten Arbeiten bringen den menschlichen Körper ins Bild: Rodrigo Braga, dessen Videoarbeiten zu den Highlights der Ausstellung zählen, hebt im Urwald ein riesiges Loch aus dem Schlamm, trägt einen Baum zu Grabe und schreit sich die Seele aus dem Leib: Der einzelne Körper kommt schwerlich gegen die Naturgewalten an.
Auf Maloja von Andreas Gursky betrachtet man aus ironischer Distanz eine Picknickgruppe, die sich die ganze bürgerliche Klappstuhlausrüstung in die Wildnis mitgebracht hat. Solche Momente, die Brüche mit den Erwartungen des Betrachters erzeugen, sind aber nur vereinzelt zu finden.
Dass der vielfältigen Ausstellung eine stärkere thematische Zuspitzung gutgetan hätte, zeigt ein gelungener Raum im Obergeschoß. Michael John Whelan hat seine Serie Darkness Had No Need in Lichtschutzreservaten fotografiert: an jenen selten gewordenen Orten, an denen es noch wirklich dunkel wird. Nur Schemen sind auszumachen, die Abwesenheit von Licht ist ungewohnt. Drei ebenso großformatige Fotos Darren Almonds aus seiner FullmoonSerie bilden den Gegenpol: In Vollmondnächten aufgenommen, machen seine Langzeitbelichtungen gespenstische, in surreales Licht getauchte Traumlandschaften sichtbar, die ohne das vermittelnde Medium verborgen blieben.
Ergänzt wird dieses Arrangement um Fotografien der Wasseroberfläche der Themse von Roni Horn. Sie wirken wie Landkarten, zeichnen das kleinteilige Ornament der Wasserströmungen und -wirbel auf. Zugleich beschwört die Künstlerin aber die tödliche Gefahr unter der Wasseroberfläche: dass die Themse der „beliebteste“Fluss für Suizid ist, war Ausgangspunkt ihrer Arbeit.