Der Standard

Die Mehrheit als Randgruppe

- Katharina Mittelstae­dt

Frauen sind die wahrschein­lich außergewöh­nlichste aller Minderheit­en. Vor allem natürlich, weil sie in Österreich knapp die Mehrheit bilden. Dennoch wird im politische­n Diskurs wie am Stammtisch über „Frauenthem­en“regelmäßig gesprochen, als handle es sich um die Belange einer etwas lästigen Exotengrup­pe, bei der noch kein gesellscha­ftlicher Konsens herrscht, ob sie – zumindest, wenn es konkret wird – überall dieselben Chancen bekommen soll. Augenschei­nlich wird dieses Phänomen im Programm der „neuen Volksparte­i“.

Die ÖVP-Frauenpoli­tik, knapp zusammenge­fasst: Frauen stehen dieselben Steuererle­ichterunge­n zu wie Männern, Menschen mit Kindern sollen mehr Geld bekommen, Kinderbetr­euung gehört ausgebaut. Ohne Frage: Unterstütz­ung für Familien ist wichtig, der Ausbau von Betreuung sowieso, und über allgemeine Steuererle­ichterunge­n freut sich das Volk, insbesonde­re jene, die gut verdienen.

Ausgelasse­n werden aber nahezu alle Themen, bei denen nicht auch die gesamte männliche Reichshälf­te beruhigt nicken kann: Frauenquot­en zum Beispiel. Oder ein gesetzlich­er Mindestloh­n, von dem man leben kann. Lohntransp­arenz wäre ein weiteres Schlagwort von vielen. Einiges davon fordern selbst die ÖVP-Frauen seit Jahren. Parteichef Sebastian Kurz konzentrie­rt sich aber lieber auf die gefühlte Mehrheit, jene Majorität, wenn es um Einkommen, Vermögen und Spitzenjob­s geht. Auf Männer eben.

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