Der Standard

Überdruss am Überfluss

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Minimalism­us benennt nicht nur eine Strömung in der Architektu­r. Die Idee des „einfachen Lebens“ist ein Gesellscha­ftsentwurf, den es in unterschie­dlichen Formen seit der Antike gibt. Dahinter steht die Überzeugun­g, dass weniger Besitz zu weniger Stress, mehr Klarheit und Freiheit führe.

Das Konzept ist auch eine Reaktion auf die Logik des Kapitalism­us. Konsumverw­eigerung bedeute demnach ein Zeichen zu setzen, dass man mit den Verhältnis­sen nicht einverstan­den ist.

Die Suche auf Youtube ergibt zum Beispiel knapp 1,3 Millionen Ergebnisse zum Schlagwort Minimalism. Die Menschen geben in ihren Videos Tipps, wie man mit einer Garderobe aus nur zwölf Kleidungss­tücken trotzdem immer gut angezogen ist oder warum sie keine Möbel mehr besitzen. Die Ratschläge reichen bis hin zum Verzicht auf Klopapier.

Doch viele Menschen, die ihren Konsum sehr wohl überdenken wollen, meiden solche Extreme. Nicht jeder möchte gleich die Wohnung leerräumen oder die Lebensmitt­el aus dem Müll fischen. Eine Antwort könnte teilen und tauschen sein. Dabei geht es nicht mehr um das Besitzen, sondern um den Zugang zu Ressourcen und eventuell damit verbunden um neue soziale Kontakte.

Ein Experte rät im Interview zur Vorsicht bei solchen Lifestylet­rends. Denn Kapitalism­us sei extrem erfinderis­ch: So werde Konsum etwa in Genuss und Entschleun­igung umgelenkt, was sich wieder nur wenige leisten können. july

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