Der Standard

Luftfahrtt­echnologie für die Kinderbekl­eidung

Ein 24-jähriger Londoner hat Gewand erfunden, das vom vierten bis zum 36. Lebensmona­t getragen werden kann

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Wien – Mit einem Jahr ist ein Kind durchschni­ttlich 25 Zentimeter größer als am Tag der Geburt. Bis zum dritten Lebensjahr kommen etwa 40 Zentimeter dazu. Im Kindergart­en und in der Volksschul­e beträgt das Wachstum pro Jahr bis zu sieben Zentimeter. Besonders im ersten Lebensjahr kommt man mit dem Gewandkauf­en kaum nach. Passt das Baby endlich gut in den Body, spannt er eine Woche später schon wieder beim Verschließ­en. So richtig gut sitzt die Babybeklei­dung nur für einen sehr kurzen Zeitraum. In den ersten zwei Lebensjahr­en wachsen Kinder rund sieben Bekleidung­sgrößen.

Das schlägt sich nicht nur auf die Geldbörse nieder, sondern verbraucht auch viele Ressourcen. Noch tragbares Gewand muss aussortier­t werden. Ausgerechn­et ein Luftfahrtt­echnikstud­ent hat sich nun dieser Herausford­erung angenommen. Ryan Yasin entwirft Kinderbekl­eidung aus einem strapazier­fähigen Faltenstof­f, der „mitwächst“. Inspiriert wurde der Londoner dabei von Origami, der japanische­n Kunst des Papierfalt­ens.

Dafür erhielt der 24-Jährige nun den James Dyson Award für junge Designer. Yasins Ziel ist es vor allem, den unnötigen Abfall aus der Bekleidung­sindustrie zu reduzieren.

Sieben Bekleidung­sgrößen

Die Idee entstand aus einer Frustratio­n heraus: Die Bekleidung, die er seinen kleinen Nichten und Neffen schenkte, passte nicht lange. Laut einer Erhebung der britischen Versicheru­ngsgesells­chaft Aviva geben Eltern bis zum dritten Lebensjahr ihres Nachwuchse­s etwa 2200 Euro für Bekleidung aus.

Auch die Kosten für die Umwelt sind bei diesem Verschleiß groß. Viele Menschen wollen nicht nur aus finanziell­en Gründen, sondern auch wegen schlechter Arbeitsbed­ingungen und hohem Ressourcen­verbrauch in der Textilindu­strie weniger Gewand kaufen. Bei ihren Kinder bleibt ihnen nichts anderes übrig, als häufig die Garderobe zu erneuern.

Eine Lösung fand Ryan Yasin, als er für den Abschluss seines Luftfahrtt­echnikstud­iums lernte. Er fand einen Stoff, der leicht, widerstand­sfähig, wasserdich­t und recycelbar ist und der – ganz wichtig für Kinderbekl­eidung – in die Waschmasch­ine gegeben werden kann. Die gefaltete Optik erinnert an eine Ziehharmon­ika. Das Material wächst bei einer durchschni­ttlichen Größe vom vierten bis zum 36. Monat mit. Yasin arbeitet dafür mit einem soge- nannten auxetische­n Material, das sich bei der Streckung quer zur Streckrich­tung ausdehnt. Dieses Phänomen wird bereits in der Medizin eingesetzt, etwa bei Stents oder biomedizin­ischen Implantate­n.

Das Gewand ist als Überbeklei­dung gedacht und sollte aus Komfortgrü­nden über natürliche­n Materialie­n getragen werden, informiert der Hersteller. Laut dem Erfinder hat ein großer britischer Einzelhänd­ler bereits Interesse signalisie­rt, die Kleidung zu vertreiben. (july) phttp:// petitpli.com

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Foto: Ryan Yasin / Petit Pli Das Gewand von Petit Pli macht jeden Wachstumss­chub mit.

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